Fachweiterbildung Psychiatrie und Psychotherapie: Lerninhalte und Arbeitsschwerpunkte
Ein Blick auf das medizinische Teilgebiet der Psychiatrie und Psychotherapie: Geschichte, aktuelle Statistik und Schwerpunkte der Fachweiterbildung Psychiatrie und Psychotherapie.
Das medizinische Teilgebiet Psychiatrie und Psychotherapie befasst sich mit der Erkennung und therapeutischen sowie sozialtherapeutischen Behandlung von psychischen Erkrankungen. Neben der akuten Behandlung sind die Rehabilitation und Vorbeugung wichtige Aufgabengebiete.
Neben der Tätigkeit in der akuten und rehabilitativen Medizin befassen sich Fachärzt*innen für Psychiatrie und Psychotherapie mit der Erforschung psychischer Störungen und Erkrankungen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die forensische Psychiatrie.
Das medizinische Teilgebiet Psychiatrie und Psychotherapie hat sich historisch aus dem Fachgebiet der Nervenheilkunde entwickelt. Ursprünglich umfasste die Nervenheilkunde die heutigen medizinischen Teilgebiete Neurologie und Psychiatrie. Psychiater*innen wurden und werden daher auch heute noch als Nervenärzt*innen bezeichnet.
Der Facharzttitel Psychiatrie und Psychotherapie reflektiert dagegen einen moderneren Ansatz, der sowohl medizinische als auch psychologische Aspekte bei der Diagnose und Behandlung von psychischen Störungen berücksichtigt. Hier wird ein breiteres Spektrum an Therapieformen eingesetzt, einschließlich Psychotherapie, Medikamenten und anderen Interventionen.
Ärztestatistik Psychiatrie und Psychotherapie
Die Psychiatrie und Psychotherapie gehört zu den großen medizinischen Fachbereichen. Bis zum Ende des Jahres 2022 hatten 3 % aller Ärzt*innen, das entspricht 11.359 Personen, eine Fachweiterbildung Psychiatrie und Psychotherapie abgeschlossen und sind ärztlich tätig.
Psychiater*innen sind sowohl in der ambulanten wie auch der stationären Medizin aktiv.
Von den 11.359 Ärzt*innen mit abgeschlossener Fachweiterbildung Psychiatrie und Psychotherapie waren Ende 2022
- in der ambulanten Versorgung 42,8 % (4.942) Ärzt*innen, und
- in der stationären Versorgung 57,2 % (6.417) Ärzt*innen tätig.
Nicht enthalten sind Ärzte und Ärztinnen mit der Facharztbezeichnung Nervenheilkunde. Ende 2022 waren 1.629 Fachärzte und Fachärztinnen Nervenheilkunde tätig. Es gilt anzumerken, dass in Deutschland seit 2003 die Weiterbildung zum Facharzt für Nervenheilkunde nicht mehr möglich ist. Sie wurde durch die getrennten Facharzttitel "Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie" und "Facharzt für Neurologie" ersetzt. Es gibt jedoch noch Ärzt*innen, die vor der Reform ihre Facharztausbildung in der Nervenheilkunde abgeschlossen haben. Diese dürfen weiterhin den Titel "Facharzt für Nervenheilkunde" führen.
Tätigkeitsschwerpunkte
Der Fachbereich Psychiatrie ist vielfältig und hat daher einige Sub-Spezialisierungen ausgebildet. Grund dafür ist einerseits die Komplexität der Zusammenhänge von biologischen, entwicklungspsychologischen und psychosozialen Faktoren und zum anderen die Vielfältigkeit unterschiedlicher Lebenssituationen die psychische Erkrankungen mit einem sehr eigenen Krankheitsprofil begünstigen oder zur Folge haben.
Nach der ICD-10 Codierung werden psychiatrische Störungen und damit die Arbeitsgebiete der Psychiatrie wie folgt strukturiert:
- Organische Störungen
- Störungen durch psychotrope Substanzen: Alkohol-, Drogen-, Medikamentenmissbrauch und Abhängigkeit
- Schizophrenie und wahnhafte Störungen
- Affektive Störungen: Depression, bipolare affektive Störung
- Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
- Verhaltensauffälligkeiten
- Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
- Intelligenzstörungen
- Entwicklungsstörungen: Autismus, Rett-Syndrom
- Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn der Kindheit: ADHS, Tic-Syndrom, soziale Störung
Dauer der Fachweiterbildung
Die Fachweiterbildung Psychiatrie und Psychotherapie dauert 60 Monate, also 5 Jahre. Die Weiterbildungsinhalte werden in den jeweiligen Weiterbildungsverordnungen der Landesärztekammern festgelegt. Verpflichtender Bestandteil der Facharztausbildung ist ein sogenanntes Logbuch.
Von der Weiterbildungsdauer (60 Monate) sind
- 24 Monate in der stationären psychiatrischen und psychotherapeutischen Patientenversorgung,
- 12 Monate in der Neurologie zu absolvieren.
Bis zu 12 Monate können in einem Schwerpunktbereich wie bspw. Kinder- und Jugendpsychiatrie oder Psychosomatische Medizin angerechnet werden. Insgesamt können 6 Monate in einem Gebiet der direkten medizinischen Versorgung wie bspw. der Allgemeinmedizin, Neurologie oder Neurochirurgie absolviert werden.
Weiterbildungsinhalte
Die Fachweiterbildung Psychiatrie und Psychotherapie ist ausgerichtet auf den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in
- der psychiatrischen Anamnese und Befunderhebung
- der allgemeinen und speziellen Psychopathologie
- psychodiagnostischen Testverfahren und neuropsychologischer Diagnostik
- den Entstehungsbedingungen, Verlaufsformen, der Erkennung und der Behandlung psychischer Erkrankungen und Störungen
- der Krankheitsverhütung, Früherkennung, Prävention, Rückfallverhütung unter Einbeziehung von Familienberatung, Krisenintervention, Sucht- und Suizidprophylaxe
- der Erkennung und Behandlung von Verhaltensauffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter
- der Krankheitsverhütung, Erkennung und Behandlung von Suchterkrankungen einschließlich Intoxikationen, Entgiftungen und Entzug, Motivationsbehandlung sowie Entwöhnungsbehandlung einschließlich der Zusammenarbeit mit dem Suchthilfesystem
- der Facharztkompetenz bezogenen Zusatz-Weiterbildung Suchtmedizinische Grundversorgung als integraler Bestandteil der Weiterbildung einschließlich der Substitutionstherapie bei Opiatabhängigkeit
- der Erkennung und Behandlung psychischer Erkrankungen bei lern- und geistigbehinderten Menschen
- den Grundlagen der Sozialpsychiatrie
- den Grundlagen der psychosozialen Therapien sowie Indikation zu ergotherapeutischen, sport- und bewegungstherapeutischen, musik- und kunsttherapeutischen Maßnahmen
- der Behandlung von chronisch psychisch kranken Menschen, insbesondere in Zusammenarbeit mit komplementären Einrichtungen und der Gemeindepsychiatrie
- der praktischen Anwendung von wissenschaftlich anerkannten Psychotherapie-Verfahren und Methoden, insbesondere der kognitiven Verhaltenstherapie oder der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie oder der systemischen Therapie
- der Erkennung und Behandlung gerontopsychiatrischer Erkrankungen unter Berücksichtigung interdisziplinärer Aspekte
- den neurobiologischen Grundlagen psychischer Störungen, den Grundlagen der neuro-psychiatrischen Differenzialdiagnose und klinisch-neurologischer Diagnostik einschließlich Elektrophysiologie
- der Konsiliar- und Liaisonpsychiatrie und -psychotherapie
- der Erkennung und Behandlung psychischer Erkrankungen aufgrund Störungen der Schlaf-Wach-Regulation, der Schmerzwahrnehmung und der Sexualentwicklung und -funktionen einschließlich Störungen der sexuellen Identität
- der gebietsbezogenen Arzneimitteltherapie einschließlich Drug-Monitoring, der Erkennung und Verhütung unerwünschter Therapieeffekte sowie der Probleme der Mehrfachverordnungen und der Risiken des Arzneimittelmissbrauchs
- der Krisenintervention, supportiven Verfahren und Beratung
- den Grundlagen der forensischen Psychiatrie
- der Anwendung von Rechtsvorschriften bei der Unterbringung, Betreuung und Behandlung psychisch Kranker
Weiterbildung im Neurologie-Teil
- Krankheitslehre neurologischer Krankheitsbilder
- Methodik und Technik der neurologischen Anamnese
- Methodik und Technik der neurologischen Untersuchung
- Indikationsstellung, Durchführung und Beurteilung neurophysiologischer und neuropsychologischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
- Indikationsstellung, Durchführung und Bewertung der Elektroenzephalographie sowie evozierte Potenziale
- Grundlagen der Somato- und Pharmakotherapie neurologischer Erkrankungen
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