Jobbörsen
Die Generation Y ist die erste Generation, für die das Internet prägend ist: buchen, bestellen, nachschlagen oder informieren - alles läuft über das Internet und das immer häufiger mobil. Auch die Jobsuche ist für diese Generation ohne Internet nicht mehr denkbar.
Die Generation Y (geboren zwischen 1980 und 2000) ist die erste Generation, die mit dem Internet groß und erwachsen geworden ist. Die Generation Y ist eine wesentliche, wenn nicht die Zielgruppe für das Personalmarketing - gerade auch im Gesundheitswesen.
Uns interessiert in diesem Interview, welche Auswirkungen die neuen Medien auf das Personalmarketing haben und worauf sich Unternehmen im Gesundheitswesen mit Blick auf die Gewohnheiten der Generation Y einstellen müssen. Wir haben dazu einen Experten befragt, der seit vielen Jahren im Online-Markt tätig ist und für den die Schlüsselbegriffe SEO, Online-Marketing und Suchmaschinen „täglich Brot“ sind.
Zur Person Thorsten Gervers
Seit 12 Jahren spezialisiert auf Suchmaschinen-Optimierung (SEO), Online-Werbung und E-Commerce. Zertifizierter Google AdWords Experte.
Frage: Zunächst einmal vielen Dank, dass Du Dich für dieses Gespräch zur Verfügung stellst. Wie lange bist Du schon im Thema „Online“ unterwegs?
Gervers: Mit dem Internet als übergreifendes Thema bin ich seit meiner Jugendzeit verbunden. Und das hat mich nie mehr losgelassen und letztendlich ist das auch mein Beruf und ein Stück weit auch Berufung. In den letzten 12 Jahren sind meine Interessen und Arbeitsthemen eng mit den Begriffen SEO, Online-Marketing und Suchmaschinen verknüpft. Seit 5 Jahren bin ich zertifizierter Google AdWords Experte im Bereich Online-Werbung, auch tätig in Gesundheitseinrichtungen.
Frage: Wenn Du es auf eine griffige Formel bringst … was ist eigentlich für Dich gutes Online-Marketing?
Gervers: Für begriffliche Definitionen gibt es ja reichlich Literatur und auch Wikipedia (…lacht). Für mich ist gutes Online-Marketing vor allem mit den Begriffen Präsenz, Aktualität, Kontinuität und Qualität verbunden.
"Für mich ist gutes Online-Marketing vor allem mit den Begriffen Präsenz, Aktualität, Kontinuität und Content-Qualität verbunden".
Frage: Präsenz, Aktualität, Kontinuität und Qualität klingt aber mit Bezug auf „Online und Internet“ ziemlich altbacken?
Gervers: Das mag auf den ersten Blick so wirken. Aber es geht beim Online-Marketing tatsächlich um diese Begriffe:
Präsenz: es ist wichtig in allen zielgruppenrelevanten Online-Kanälen präsent zu sein.
Aktualität: die Aufmerksamkeit der Zielgruppen weckt man am besten mit aktuellen und interessanten Inhalten.
Kontinuität: Online-Marketing braucht Zeit und ist eine dauerhafte Disziplin. Je eher Sie damit anfangen umso mehr Vorsprung haben Sie vor den Mitbewerbern.
Qualität: Man braucht für eine gute Kampagne auch ein qualitativ gutes Produkt bzw. eine gute Dienstleistung oder Information, d.h. eine Stellenanzeige muss interessant wirken und onlinegerecht präsentiert werden.
Frage: Ist die Personalsituation im Gesundheitswesen mit Blick auf das Personalmarketing besonders?
Gervers: Mir fällt auf Anhieb keine Branche ein, bei der so viele Stellen nicht besetzt sind und ein so großer Wettbewerb um gute Mitarbeiter besteht. Es gibt ca. 5,6 Mio. Mitarbeiter | Mitarbeiterinnen im Gesundheitswesen und fast alle Arbeitgeber in jeder Region sind auf der Suche. Und daher sollte man, ja muss man, alle Hebel in Bewegung setzen, um Aufmerksamkeit für die eigenen Stellenanzeigen zu erzeugen.
In einigen Berufsgruppen ist die klassische Situation in der Rekrutierung, aufgrund der engen Marktsituation, auf den Kopf gestellt: nicht die Pflegekräfte und Mediziner müssen sich bemühen, sondern die Unternehmen müssen sich anstrengen, um beim Bewerber gut anzukommen.
Umso unverständlicher ist es, dass etliche Krankenhäuser, Kliniken und Pflegeheime sich im Internet mit der Website oder dem Karriereportal immer noch verstaubt, altbacken und wenig komfortabel zeigen. Und bekanntlich lässt sich der erste Eindruck nur mit viel Aufwand wieder korrigieren.
Frage: Wie bewertest Du aktuell das Personal-Marketing von Gesundheitseinrichtungen?
Gervers: Ich möchte hier niemandem zu nahe treten und man kann das auch nicht pauschalieren.
Aber generell gilt: die Branche ist sehr zögerlich im Umgang mit dem Internet. Gegenüber anderen Wirtschaftszweigen besteht echter Nachholbedarf. Das hängt nach meiner Einschätzung mit einer immer noch erkennbaren Reserviertheit bis hin zu regelrechtem Unwissen gegenüber den neuen Medien zusammen. Andererseits fehlt auch die Erfahrung und es gibt überzogene Erwartungen.
Die Chancen und Potenziale von Online-Personalmarketing werden oft einfach falsch eingeschätzt oder gar nicht erkannt.
Ich kenne aber auch einige sehr gut aufgestellte Krankenhäuser, die sich aktiv und professionell im Personalmarketing aufgestellt haben.
Frage: Warum sprichst Du hier von überzogenen Erwartungen?
Gervers: Wer "einmalig" eine Anzeige online schaltet und sofort Bewerbungen erwartet, hat den Mechanismus von Online-Marketing nicht verstanden und wird relativ schnell frustriert sein. Es geht darum, permanent da zu sein wo Bewerber sind. Konkrete Bewerbungen sind dann eine Folge der kontinuierlichen Präsenz. Die Logik ist: Arbeitgeber die gut und besser präsent sind, haben einfach mehr Aufmerksamkeit und daher mittel- und langfristig auch bessere Marktchancen und mehr Bewerbungen.
Wer "einmalig" eine Anzeige online schaltet und sofort Bewerbungen erwartet, hat den Mechanismus von Online-Marketing nicht verstanden und wird relativ schnell frustriert sein
Frage: Wie wichtig sind eigentlich Stellenbörsen für Krankenhäuser, Kliniken, Pflegeheime und andere Gesundheitseinrichtungen?
Gervers: Wirf einen Stein ins Wasser und die Wellen ziehen Ihre Kreise. Einmal publiziert wird eine Stellenanzeige unaufhaltsam im Markt verteilt: über Suchmaschinen, über Meta-Stellenbörsen, Verlinkungen oder direkte Weiterleitungen zwischen Interessenten und Bewerbern.
Für diese Verteilfunktion sind Jobbörsen wichtig. Mit guten, auch branchenfokussierten Jobbörsen, sind Stellenanzeigen schneller am Markt, erreichen eine größere Zielgruppe und erhalten somit mehr Aufmerksamkeit. Es macht sogar Sinn, gleich auf mehrere Jobbörsen zu setzen, um den viralen Effekt des Internets zu beschleunigen.
Frage: Weshalb sind Jobbörsen für Bewerber interessant und attraktiv?
Gervers: Die Bedeutung der Jobbörsen für Bewerber ist nicht geringer als die Bedeutung von Such-Plattformen in anderen Bereichen. Beim Immobilienkauf oder -verkauf oder beim Kauf eines neuen oder gebrauchten Autos ist die erste Anlaufstation doch fast immer ein Online-Portal. Warum sollte das im Stellenmarkt anders sein?
Bewerber wollen ein breites Angebot an Stellenanzeigen und nutzen dafür Stellenbörsen. So gewinnt der Bewerber schnell einen guten Einblick ins regionale und überregionale Job-Angebot. Das können Karriereportale einzelner Firmen überhaupt nicht leisten, da sie ja nur einen Überblick über die eigenen Stellen liefern.
Und wichtig: in einem Jobportal stehen Ihre Anzeigen unmittelbar neben, hinter oder vor dem Wettbewerb. Sie sollten also wirklich Wert darauf legen die Anzeigen onlinegerecht, prägnant und interessant zu gestalten. Lieblose Anzeigen mit wenig Inhalt und nicht onlinegerecht aufgemacht helfen im Personalmarketing da nicht wirklich weiter.
Frage: Wir hören zuweilen immer noch: … Jobbörsen bringen nichts … !
Gervers: Gegen diese Vorurteile kann man wenig machen. Bewerber erwarten aber von Arbeitgebern eine professionelle Online-Präsenz.
Die Fakten sind eindeutig: 80% aller Bewerber orientieren sich im Personalmarkt online und mehr als 70% mittlerweile auf dem Mobilgerät. Und die erste Anlaufstation bei Bewerbern sind meistens Jobbörsen, weil Bewerber dort ein breites Stellenangebot finden.
Sehr oft passiert dann folgendes: Bewerber identifizieren auf einer Jobbörse eine interessante Stelle und bewerben sich dann allerdings lieber direkt auf dem Karriereportal des Arbeitgebers. Dadurch wollen Bewerber offenbar besonderes Interesse am Arbeitgeber signalisieren.
Wer diese Zusammenhänge dauerhaft ignoriert hat einfach Nachteile in der Personalbeschaffung. Das gilt besonders für den engen Gesundheitsmarkt. Die Präsenz auf Online-Börsen wird nach meiner Einschätzung Print-Stellenanzeigen komplett ersetzen und bis auf wenige spezialisierte Bereiche auch den Personalberater überflüssig machen.
Letztlich sind Jobbörsen deutlich kostengünstiger, schneller und effizienter als Printanzeigen oder den Headhunter einzusetzen.
Frage: Also ist das Fazit ... die Stellenanzeigen aufhübschen, onlinegerecht aufarbeiten und Jobbörsen nutzen?
Gervers: Das ist so salopp formuliert zwar richtig, aber nicht hinreichend für den Erfolg am Personalmarkt.
Denn es geht auch immer um die Attraktivität der Arbeitsstelle und des Arbeitgebers und somit um die Faktoren, die für Interessenten und Bewerber und deren Entscheidung wirklich entscheidend sind. Und das kann für die einzelnen Berufsgruppen sehr unterschiedlich sein.
Die letztendliche Entscheidung des Bewerbers ist immer individuell, aber es lassen sich schon berufsgruppenspezifische Entscheidungsmuster erkennen: geht es um Weiterbildung und Karriere oder um familienfreundliche und flexible Arbeitszeiten, spielen betriebliche Zusatzleistungen eine Rolle oder gar das Image der Abteilung oder des Unternehmens?
Wer über diese Entscheidungskriterien und -faktoren von Bewerbern/Bewerberinnen nachdenkt, kommt dann auch sehr schnell zu den wichtigen Schlüsselbegriffen ("Keywords"), die im Online-Marketing so entscheidend sind und die in jeder Stellenanzeige auftauchen sollten. Die richtigen Keywords sind zentral für eine gute und erfolgreiche Online-Kampagne.
Die Fakten sind eindeutig: 80% aller Bewerber orientieren sich im Personalmarkt online und mehr als 70% mittlerweile auf dem Mobilgerät. Und die erste Anlaufstation bei Bewerbern sind meistens Jobbörsen, weil Bewerber dort ein breites Stellenangebot finden.
Frage: Was würdest Du einem Krankenhaus oder einer Fachklinik … aus Deiner Praxis heraus empfehlen?
Gervers: Es ist natürlich schwierig allgemeine Ratschläge zu erteilen. Und ich möchte auch nicht oberlehrerhaft wirken. Meine Hinweise sind daher eher allgemeiner Natur:
Erstens: Einfach mal die Situation in anderen Branchen anschauen - und das besonders in Branchen mit einem starken Internetbezug wie z.B. bei SAP oder Automobilfirmen. Wie machen die das und auf welche Instrumente setzen diese Unternehmen? Man kann sich dort viel abschauen.
Zweitens: Die Infrastruktur muss stimmen. Man braucht ein vernünftiges Karriereportal, eine gute Website, gute Stellenanzeigen, die passenden Keywords und die richtigen Kommunikationskanäle. Speziell im Gesundheitswesen gehen komplizierte und umfangreiche Bewerber-Management-Systeme ein wenig am Thema vorbei. Da wird manchmal am falschen Rad gedreht. Im Gesundheitswesen ist ja nicht die Menge der Bewerber das Problem, sondern die geringe Anzahl der Bewerbungen.
Drittens: Mir wird im Gesundheitswesen zu wenig Wert auf die Stellenanzeigen gelegt. Manchmal dominieren umfängliche Textwüsten, Beschreibungen über maschinelle Ausstattungen und Therapien. Andere Anzeigen sind so knapp, dass sie kaum eine Aussagen haben und nicht atttraktiv wirken. Das ist nicht wirklich aus Sicht des Bewerbers gedacht und auch nicht mediengerecht. Die erste Aufmerksamkeit erreicht man selten mit Detailinformationen.
Viertens: Die Social Media-Präsenz von Krankenhäusern und Kliniken ist oft nicht professionell. Einige Berufsgruppen wie bspw. die Pflege sind dort aber sehr aktiv. Daher ist es wichtig, auch verstärkt Social Media - Kanäle für das Personalmarketing zu aktivieren.
Speziell im Gesundheitswesen gehen komplizierte und umfangreiche Bewerber-Management-Systeme ein wenig am Thema vorbei. Da wird manchmal am falschen Rad gedreht. Im Gesundheitswesen ist ja nicht die Menge der Bewerber das Problem, sondern die geringe Anzahl der Bewerbungen.
Frage: Gibt es neue Trends und Entwicklungen?
Gervers: Die gibt es. Da lohnt sich immer noch der Blick über den großen Teich. Häufig werden dort kleine selbstgemachte Videos von 10 oder 12 Sekunden in Stellenanzeigen eingebunden. Diese Videos sind gemacht von Kollegen und Kolleginnen und vermitteln sehr authentisch einen guten Einblick in das Arbeitsklima oder das Team. Diese Videos haben eine große Wirkung auf die Aufmerksamkeit und kosten praktisch nichts. Zudem können diese Videos auch exzellent über Social Media verbreitet werden.
Sollte man probieren … wenn man sich traut.
Vielen Dank für das Gespräch
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