Handchirurgie: Arbeitsschwerpunkte und Berufsbild

Die Handchirurgie ist ein relativ junger medizinischer Spezialbereich innerhalb der Chirurgie. Verletzungen an der Hand führen bei Patienten und Patientinnen zu erheblichen Beeinträchtigungen im Beruf und Alltag. Diagnose und Behandlung von Handverletzungen und -erkrankungen sind sehr komplex und oft langwierig. Hier ist Spezialwissen gefordert, das in einer dreijährigen Zusatzweiterbildung Fachärzten und Fachärztinnen der Chirurgie vermittelt wird. Die beruflichen Perspektiven in der Handchirurgie sind exzellent. Die Anzahl der Fälle steigt, und es stehen altersbedingt zahlreiche Nachfolgeregelungen an.

Die Illustration zeigt eine Hand mit einem Verband.

Die Hand ist ein äußerst komplexes Organ, bei dem selbst kleine Verletzungen oder Veränderungen zu erheblichen Funktionsstörungen führen können. In der Handchirurgie werden nach sorgfältiger Diagnose konservative Behandlungen und operative Eingriffe durchgeführt. Viele Operationen werden minimal-invasiv und oft ambulant durchgeführt. Die Handchirurgie ist ein hoch spezialisiertes medizinisches Fachgebiet, das sich vor rund 70 Jahren aus der Orthopädie und Chirurgie entwickelt hat und genau diese Verletzungen und Erkrankungen behandelt. Handchirurgen sind Fachärzte / Fachärztinnen für Orthopädie, Unfallchirurgie, Chirurgie oder Plastische Chirurgie, die eine spezielle Zusatzweiterbildung im Bereich der Handchirurgie absolviert haben. 

Was ist ein Handchirurg / eine Handchirurgin?

Ein Handchirurg / eine Handchirurgin ist ein spezialisierter Facharzt / eine spezialisierte Fachärztin, der / die sich auf die Diagnose, Behandlung und Rehabilitation von Erkrankungen und Verletzungen der Hand spezialisiert hat. Diese Bezeichnung dürfen nur Ärzte / Ärztinnen führen, die nach ihrer Facharztausbildung in Orthopädie, Unfallchirurgie, Chirurgie oder der Plastischen Chirurgie eine zusätzliche dreijährige Zusatzweiterbildung in Handchirurgie absolviert haben. 

Bedeutung der Handchirurgie

Die Hand ist ein unverzichtbares Werkzeug im Alltag und daher besonders anfällig für Verletzungen in Beruf, Haushalt, Sport und Freizeit. Handverletzungen gehören zu den häufigsten Unfallfolgen und können gravierende Auswirkungen haben. Sie beeinträchtigen nicht nur die Arbeitsfähigkeit und Selbstständigkeit, sondern auch die Teilnahme am sozialen Leben erheblich.

Behandlung und Rehabilitation

Die Versorgung von Handverletzungen ist aufwendig und erfordert eine umfassende Betreuung von der Erstbehandlung bis zur Rehabilitation. Nur durch eine optimale Primärbehandlung und eine umfassende Rehabilitation können gute funktionelle Ergebnisse erzielt werden. Dies trägt dazu bei, die sozioökonomischen Belastungen für die Betroffenen und die Gesellschaft zu reduzieren.

Erfassung und Verbesserung der Versorgung

Das HandTraumaRegister (HTR) der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie (DGH) erfasst umfassende Daten zu Handverletzungen. Im Jahr 2022 wurden rund 7.000 neue Fälle in 41 Kliniken erfasst. Die statistischen Daten sind nicht vollständig, tragen aber dazu bei, die Behandlungsabläufe zu verbessern und die Bedeutung von Handverletzungen besser zu verstehen. 

Arten von Handverletzungen:

  • Brüche und Luxationen: Häufige Handverletzungen umfassen Brüche von Hand- und Fingerknochen, Sehnen- und Bänderverletzungen sowie Luxationen im Handgelenk. Besonders oft kommen Kahnbeinbrüche, Mittelhandknochenbrüche und Daumenbandrisse vor.
  • Schwere Verletzungen: Schwere Handverletzungen können zu dauerhaften Funktionseinschränkungen führen und erfordern spezialisierte chirurgische Behandlungen und langwierige Rehabilitation.

Was gehört zur Handchirurgie?

Die Handchirurgie umfasst ein breites Spektrum an Behandlungen, die von konservativen Maßnahmen bis hin zu hochspezialisierten chirurgischen Eingriffen reichen, um die Funktion und Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

Traumatische Verletzungen

Behandlung von Knochenbrüchen, Verrenkungen, Sehnen- und Bänderrissen, die durch Unfälle oder Sportverletzungen entstehen. 

Karpaltunnelsyndrom

Behandlung der Kompression des Medianusnervs im Handgelenk, um Schmerzen und Taubheit zu lindern. Verfahren können konservative Maßnahmen oder chirurgische Eingriffe umfassen.

Arthrose der Hand

Behandlung degenerativer Erkrankungen, die die Gelenke der Hand und Finger betreffen. Einsatz von konservativen und operativen Behandlungsmethoden zur Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung.

Rhizarthrose im Daumensattelgelenk

Behandlung der Abnutzung des Knorpels im Daumensattelgelenk, die zu Schmerzen und eingeschränkter Beweglichkeit führt. Maßnahmen reichen von konservativer Therapie bis zum Gelenkersatz.

Rekonstruktive Chirurgie

Wiederherstellung von Form und Funktion der Hand nach schweren Verletzungen, Tumorentfernungen oder angeborenen Fehlbildungen.

Nervenverletzungen und -kompressionssyndrome

Behandlung von Nervenverletzungen und Kompressionen, um Empfindung und Beweglichkeit wiederherzustellen.

Ganglionentfernung

Entfernung gutartiger, flüssigkeitsgefüllter Zysten in der Nähe von Gelenken und Sehnenscheiden, die Schmerzen verursachen und die Handbeweglichkeit beeinträchtigen können. 

Behandlung chronischer Erkrankungen

Management chronischer Entzündungen und degenerativer Erkrankungen wie Rheuma und Arthritis. Kombination aus medikamentöser Therapie, Physiotherapie und chirurgischen Eingriffen.

Wo arbeiten Handchirurgen / Handchirurginnen?

Handchirurgen / Handchirurginnen sind vor allem tätig in: 

  • Spezialisierten Krankenhäusern und MVZ: Diese bieten umfassende Behandlungsmöglichkeiten von der Diagnose bis zur Rehabilitation und führen sowohl konservative als auch operative Behandlungen durch.
  • BG-Kliniken: Diese Kliniken haben einen besonderen Fokus auf die Behandlung von Arbeitsunfällen und verfügen über modernste Technik für komplexe handchirurgische Eingriffe.
  • Orthopädischen Praxen: Diese sind oft auf die Behandlung von chronischen Erkrankungen der Hand spezialisiert und bieten konservative Therapien an.
  • Universitätskliniken und spezialisierten Operationszentren: Schwerwiegende Eingriffe werden häufig in Universitätskliniken oder spezialisierten Abteilungen großer Kliniken durchgeführt, die über die notwendige Expertise und Ausstattung verfügen.

Konservative Behandlung

Konservative Behandlungen umfassen nicht-operative Maßnahmen wie Physiotherapie, Ergotherapie und medikamentöse Therapien. Diese werden meistens ambulant in orthopädischen Praxen durchgeführt, die sich auf die Behandlung chronischer Erkrankungen spezialisiert haben. Handchirurgen arbeiten dabei eng mit Physiotherapeuten und Ergotherapeuten zusammen, um die Handfunktion bestmöglich wiederherzustellen.

Operative Behandlung

Operative Eingriffe werden notwendig, wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichen oder bei schweren Verletzungen und nach Unfällen. Solche Eingriffe werden in spezialisierten Operationszentren und großen Kliniken durchgeführt. Kleinere Eingriffe, wie die Karpaltunnelspaltung oder die Entfernung von Ganglien, können oft ambulant durchgeführt werden. Komplexere Operationen, wie die Rekonstruktion nach schweren Unfällen oder Tumorentfernungen, erfordern häufig eine stationäre Behandlung.

Minimalinvasive Eingriffe

Minimalinvasive Techniken sind ein wichtiger Bestandteil der modernen Handchirurgie. Diese Verfahren nutzen kleine Schnitte und spezielle Instrumente, um die Eingriffe so schonend wie möglich zu gestalten. Beispiele hierfür sind Arthroskopien und endoskopische Operationen, die häufig in spezialisierten Operationszentren oder größeren Krankenhäusern durchgeführt werden.

Wie wird man ein Handchirurg / Handchirurgin?

Handchirurgie ist eine medizinische Zusatzweiterbildung. Nach Abschluss der Zusatzweiterbildung kann von Ärzten / Ärztinnen die Bezeichnung Handchirurg oder Handchirurgin geführt werden. Ziel der Zusatz-Weiter­bil­dung Hand­chir­ur­gie ist die Vermittlung von Kompetenzen zur Diagnose und Behandlung von Erkran­kun­gen, Verlet­zun­gen, Fehl­bil­dun­gen und Tumo­ren der Hand und des dista­len Unter­arms sowie die Rekon­struk­tion nach Erkran­kun­gen oder Verlet­zun­gen. Voraussetzung zur Weiterbildung ist die Anerkennung einer Facharztbezeichnung im Gebiet Chirurgie. Zur Voraussetzung gehört insbesondere die Facharztbezeichnung Orthopädie und Unfallchirurgie, die Plastische und Ästhetische Chirurgie und in Ausnahmefällen auch die Allgemeine Chirurgie und Neurochirurgie.

Die Weiterbildung dauert 36 Monate, wovon bis zu 12 Monate während der Weiterbildung in Allgemeinchirurgie, Kinderchirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie oder Plastische Chirurgie absolviert werden müssen. Die Weiterbildungsstätten und die Weiterbildungsbefugten unterliegen der Genehmigung und Kontrolle der zuständigen Landesärztekammern.

Berufliche Perspektiven in der Handchirurgie

Die beruflichen Aussichten in der Handchirurgie sind aufgrund der Vielzahl und Häufigkeit der Verletzungen in der ambulanten und stationären Versorgung sehr gut. Insbesondere auch durch die zunehmende Alterung der Bevölkerung nehmen chronische Erkrankungen an der Hand deutlich zu. Wie in vielen medizinischen Fachbereichen stehen auch in der Handchirurgie viele Fachärzte und Fachärztinnen vor dem Ruhestand.

Gehalt während der Zusatzweiterbildung

Die Zusatzweiterbildung in der Handchirurgie steht ausschließlich Fachärzten und Fachärztinnen offen. Während der Facharztweiterbildung gilt daher in Kliniken der Facharzttarif. Nach dem Tarifvertrag für Ärzte und Ärztinnen an kommunalen Krankenhäusern (TV-Ärzte/VKA) werden, gültig bis Ende Juni 2024, folgende Grundgehälter (gerundet) gezahlt:

 1. Jahr2. Jahr3. Jahr4. Jahr5. Jahr6. Jahr
Facharzt / Fachärztin6.980 €7.560 €8.080 €8.380 €8.680 €8.960 €
Oberarzt / Oberärztin8.740 €9.250 €10.000 €   

Einkommen in der ambulanten Versorgung

In der ambulanten Versorgung hat das Statistische Bundesamt 2021 für Praxen der Chirurgie, hier wird die Handchirurgie statistisch zugeordnet, einen Reingewinn von 362.000 EUR ermittelt. Dies liegt etwa 30.000 EUR über dem Durchschnitt aller Praxen. Der Reingewinn ist nicht gleichzusetzen mit dem Nettoeinkommen, da hier unter anderem Abschreibungen und Altersvorsorge berücksichtigt werden müssen.

Weitere Spezialisierungsmöglichkeiten in der Handchirurgie

Die Handchirurgie bietet eine Reihe von Spezialisierungen und Schwerpunktbezeichnungen, die eine umfassende und spezialisierte Versorgung ermöglichen. Handchirurgen arbeiten interdisziplinär mit anderen Fachbereichen zusammen, um eine optimale Behandlung und Betreuung sicherzustellen. Wichtige Spezialisierungsoptionen sind:

  • Traumatologie der Hand: Behandlung von akuten Handverletzungen.
  • Rekonstruktive Chirurgie: Wiederherstellung der Handfunktion nach schweren Verletzungen oder Fehlbildungen.
  • Mikrochirurgie: Verwendung von Mikroskopen für sehr feine chirurgische Eingriffe.
  • Rheumachirurgie: Behandlung von rheumatischen Erkrankungen der Hand.

Letzte Aktualisierung
14.07.2024
Autor/Autorin
valmedi Redaktion
Bildgestaltung
Hanna Hillier

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