Facharzt / Fachärztin für Orthopädie: Arbeitsschwerpunkte und Berufsbild

Die beruflichen Perspektiven in der Orthopädie sind durch den demografischen Wandel und eine Zunahme auch chronischer Erkrankungen nachhaltig gut. Eine alternde Bevölkerung und die steigende Prävalenz von Erkrankungen und Verletzungen im Bewegungsapparat erhöhen die Nachfrage nach spezialisierter Diagnostik und Therapie. Gefragt sind insbesondere Kenntnisse in der Behandlung degenerativer Gelenkerkrankungen an Hand, Fuss, Schulter und Hüfte.

Die Illustration zeigt eine Orthopädin, die sich um die einen Patienten mit Kniebeschwerden kümmert.

Der Begriff „Orthopädie“ wurde im 17. Jahrhundert von Nicolas Andry in seinem Werk „Orthopédie“ eingeführt, das sich auf die Korrektur von Fehlstellungen bei Kindern konzentrierte. Andry stellte sich die Orthopädie als eine Form der präventiven und korrektiven Behandlung vor, um Kindern zu helfen, eine korrekte Körperhaltung zu entwickeln. Erst später erweiterte sich das Fachgebiet, um auch Erwachsene einzuschließen, und umfasste schließlich die Behandlung des Bewegungsapparates für alle Altersgruppen.

Die Hauptaufgabe und Zielsetzung der Orthopädie besteht darin, die Mobilität und Lebensqualität der Patienten durch Therapie und Rehabilitation von Knochen-, Gelenk-, Sehnen- und Muskelproblemen zu erhalten oder wiederherzustellen. Dazu gehört nicht nur die Behandlung akuter Verletzungen, sondern auch die Langzeitbetreuung chronischer Erkrankungen.

Orthopäden arbeiten sowohl in der stationären als auch in der ambulanten Medizin. Im stationären Bereich sind sie in Krankenhäusern und spezialisierten Kliniken tätig, wo bspw. operative Eingriffe wie Gelenkersatzoperationen durchgeführt werden. In der ambulanten Medizin arbeiten sie in orthopädischen Praxen oder Gesundheitszentren, wo sie Diagnosen stellen und konservative Behandlungsmethoden wie Physiotherapie verordnen oder kleinere ambulante Eingriffe durchführen.

Was ist ein Orthopäde / eine Orthopädin?

Orthopäde und Orthopädin sind Facharztbezeichnungen für Ärzte und Ärztinnen, die auf die Diagnose, Behandlung und Prävention von Erkrankungen des Bewegungsapparates spezialisiert sind. Die aktuell gültige Facharztausbildung und -bezeichnung in Deutschland lautet „Facharzt / Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie“. 

Diese Facharztbezeichnung wurde im Jahr 2005 eingeführt, als die ehemals getrennten Fachgebiete der Orthopädie und der Unfallchirurgie zusammengelegt wurden. Die Zusammenführung zielt darauf ab, eine umfassendere Betreuung und Behandlung von Patienten mit Erkrankungen und Verletzungen des Bewegungsapparates zu gewährleisten. Vor dieser Änderung gab es tatsächlich separate Facharztbezeichnungen für die Orthopädie und auch für die Unfallchirurgie. 

Zusammenhang zwischen Orthopädie und Unfallchirurgie

Arbeitsschwerpunkt von Orthopäden ist die Diagnose, Behandlung, Prävention und Rehabilitation von Erkrankungen und Funktionsstörungen des Bewegungsapparates, während Unfallchirurgen hauptsächlich für die akute Versorgung und operative Behandlung von Verletzungen zuständig sind. Die Integration der beiden Schwerpunkte fördert eine ganzheitliche medizinische Betreuung von Patienten mit Erkrankungen, Verletzungen oder Funktionsstörungen des Bewegungsapparates. Trotz vieler Gemeinsamkeiten in der Facharztausbildung und der  späteren berufichen Tätigkeit gibt es unterschiedliche Schwerpunkte in den Tätigkeiten und Spezialisierungen der beiden Disziplinen.

Arbeitsschwerpunkte in der Orthopädie

Orthopäden sind in orthopädischen Abteilungen und Zentren tätig und konzentrieren sich auf die konservative und operative Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates. Ihre Tätigkeit umfasst nicht nur operative Eingriffe, sondern auch nicht-operative Behandlungen wie Physiotherapie, Schmerzmanagement und präventive Beratungen. Ein wichtiges Teilgebiet der Orthopädie ist die orthopädische Chirurgie, die sich auf die Wiederherstellung und Funktionserhaltung von Gelenken und Knochen spezialisiert.

Arbeitsschwerpunkte in der Unfallchirurgie

Unfallchirurgen hingegen sind vorrangig in der Unfallchirurgie und den Notfallabteilungen von Krankenhäusern tätig. Ihr Schwerpunkt liegt auf der akuten Versorgung von Unfallverletzungen. Dazu gehören komplexe Knochenbrüche, Gelenkverletzungen und Weichteilschäden. Die Arbeit der Unfallchirurgen ist primär operativ ausgerichtet, mit Techniken, die darauf abzielen, nach Unfällen eine schnelle Wiederherstellung der Funktion zu ermöglichen. Ein Spezialgebiet innerhalb der Unfallchirurgie ist die spezielle Unfallchirurgie, die sich auf die Behandlung schwerer/komplexer Mehrfachverletzungen konzentriert.

Die Zusammenarbeit der Fachgebiete unter einem Dach ermöglicht eine integrierte Versorgung, bei der Patienten von einer umfassenden Expertise profitieren, die sowohl konservative als auch operative Methoden umfasst und die Übergänge zwischen präventiver, akuter und rehabilitativer Medizin fließend gestaltet.

Bedeutung der Orthopädie

Die Orthopädie ist ein wichtiger medizinischer Fachbereich, dessen Relevanz durch verschiedene sozioökonomische und demografische Faktoren weiter zunimmt. Besonders die Alterung der Gesellschaft, aber auch zunehmender Bewegungsmangel und die ansteigende Prävalenz von Adipositas führen zu einer höheren Nachfrage nach orthopädischen Behandlungen. Diese Faktoren tragen zu einer steigenden Zahl von Erkrankungen des Bewegungsapparates bei, darunter Arthrose, Rückenschmerzen und Osteoporose.

Prävalenz und Wachstum

Studien zeigen, dass Erkrankungen wie Arthrose und Rückenschmerzen weltweit zu den führenden Ursachen für Behinderungen gehören. In Deutschland leiden beispielsweise fast  18 Millionen Menschen an einer Erkrankung des Muskel-Skelett-Systems, was den dringenden Bedarf an orthopädischen medizinischen Dienstleistungen unterstreicht.

Die aktuellen Daten zur Prävalenz von Arthrose in Deutschland, veröffentlicht vom Robert Koch-Institut (RKI) im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes, zeigen, dass rund 18% der Erwachsenen in Deutschland von Arthrose betroffen sind. Die Häufigkeit dieser Erkrankung nimmt mit steigendem Alter zu und betrifft besonders die Altersgruppe der über 60-Jährigen, wo Arthrose mehr als 50% der chronischen Krankheiten ausmacht. Diese Statistiken sind Teil der umfassenden Gesundheitsdaten, die das RKI regelmäßig aktualisiert und veröffentlicht

Technischer Fortschritt

Fortschritte in der bildgebenden Diagnostik, minimal-invasiven Chirurgie und in der Entwicklung von Biomaterialien für Gelenkersatz haben es ermöglicht, viele Erkrankungen effektiver zu behandeln und die Erholungszeiten für Patienten zu verkürzen.

Anzahl der Ärzte

Aktuell sind laut der Statistik der Bundesärztekammer 2022 in der Orthopädie und Unfallchirurgie in Deutschland rund 17.600 Fachärzte und Fachärztinnen ärztlich tätig. Dabei sind etwa 45% in der ambulanten und 55% in der stationären Versorgung tätig. Der Anteil Frauen in diesen Fachbereichen ist mit 18 % relativ niedrig.

Behandlungsschwerpunkte in der Orthopädie

Orthopädische Erkrankungen können eine Vielzahl von Beschwerden verursachen, die von leichten Schmerzen bis zu erheblichen Bewegungseinschränkungen reichen. 

Häufige orthopädische Erkrankungen:

Arthrose

Eine degenerative Gelenkerkrankung, die durch den Abbau von Knorpelgewebe gekennzeichnet ist. Dies führt oft zu Gelenkschmerzen, Steifheit und eingeschränkter Beweglichkeit. Behandlungsoptionen umfassen Physiotherapie, Schmerzmittel und in schwereren Fällen operative Eingriffe wie den Gelenkersatz.

Rückenschmerzen

Diese können durch eine Vielzahl von Ursachen wie Bandscheibenvorfälle, Wirbelsäulenverkrümmungen oder Muskelverspannungen verursacht werden. Behandlungen variieren von Physiotherapie und Schmerzmitteln bis hin zu spezifischen Übungen zur Stärkung der Rückenmuskulatur.

Arthritis

Eine entzündliche Gelenkerkrankung, die Schmerzen, Schwellungen und eine eingeschränkte Gelenkbeweglichkeit verursacht. Die Behandlung kann entzündungshemmende Medikamente und Physiotherapie umfassen, sowie operative Eingriffe in fortgeschrittenen Fällen.

Verletzungen des Knies

Dazu zählen Kreuzbandrisse und Meniskusschäden, die Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verursachen können. Die Therapie reicht von Physiotherapie über orthopädische Schienen bis hin zu arthroskopischen Operationen.

Erkrankungen der Schulter

Dazu gehören Rotatorenmanschettenrisse, Schulterimpingement und Arthritis der Schulter. Diese Erkrankungen verursachen oft Schmerzen und Bewegungseinschränkungen in der Schulter.

Hüfterkrankungen

Arthrose der Hüfte (Coxarthrose) ist eine der häufigsten Hüfterkrankungen, die Schmerzen und eingeschränkte Mobilität verursacht. Andere Hüfterkrankungen können entzündliche Zustände oder Verletzungen wie Hüftfrakturen umfassen.

Hand- und Handgelenkerkrankungen

Dazu zählen Karpaltunnelsyndrom, Rheumatoide Arthritis und De-Quervain-Tendinose, die Schmerzen und Funktionsstörungen in den Händen und Handgelenken verursachen können.

Fuß- und Sprunggelenkerkrankungen

Plantarfasziitis, Hallux valgus (Schiefzehe), und Achillessehnenentzündung sind Beispiele für Erkrankungen, die Schmerzen im Fußbereich verursachen.

Diagnostik in der Orthopädie

In der Orthopädie ist eine präzise Diagnostik unerlässlich, um die genaue Ursache für Beschwerden im Bewegungsapparat festzustellen. Die Ursachen sind häufig multikausal. Eine frühzeitige und genaue Diagnose ermöglicht es, zielgerichtete Behandlungspläne zu entwickeln, die das Risiko von langfristigen Beeinträchtigungen minimieren und die Lebensqualität verbessern.

Eine enge Zusammenarbeit mit der Radiologie ist für Orthopäden essentiell, da radiologische Expertise entscheidend für die Auswertung und Interpretation der bildgebenden Diagnostik ist. 

Für die Diagnostik stehen Orthopäden verschiedene Instrumente zur Verfügung:

Bildgebende Verfahren:

  • Röntgen: Standardmethode zur Beurteilung von Knochenstrukturen.
  • MRT (Magnetresonanztomographie): Ermöglicht die detaillierte Darstellung von Weichgewebestrukturen wie Bändern, Sehnen und Gelenkknorpel.
  • CT (Computertomographie): Wird verwendet, um detaillierte Querschnittsbilder zu erhalten, insbesondere bei komplexen Knochenfrakturen.

Ultraschall: Dieses nicht-invasive Verfahren wird häufig zur Beurteilung und zur dynamischen Untersuchung von Weichteilstrukturen eingesetzt.

Arthroskopie: Bei diesem minimal-invasiven Verfahren wird eine kleine Kamera in das Gelenk eingeführt, was sowohl diagnostische als auch therapeutische Eingriffe unter visueller Kontrolle ermöglicht.

Gelenkpunktion: Wird durchgeführt, um Gelenkflüssigkeit für diagnostische Tests zu gewinnen, die helfen, entzündliche von nicht-entzündlichen Gelenkerkrankungen zu unterscheiden.

Facharztausbildung zum Orthopäden / zur Orthopädin

Die Facharztausbildung für Orthopädie und Unfallchirurgie in Deutschland ist in einer 72-monatigen Weiterbildung gegliedert, bestehend aus einer 24-monatigen Basisweiterbildung in Chirurgie und einer 48-monatigen spezialisierten Weiterbildung in Orthopädie und Unfallchirurgie. Ein zentraler Aspekt der Ausbildung ist das Logbuch, in dem alle Lerninhalte und Fortschritte dokumentiert werden. 

Die Ausbildungsinhalte umfassen die Vorbeugung, Diagnostik, operative und konservative Behandlung sowie Rehabilitation von Erkrankungen und Verletzungen des Bewegungsapparates. Weiterbildungen dürfen nur in zertifizierten Einrichtungen mit entsprechender Weiterbildungsbefugnis absolviert werden. Diese strukturierte Weiterbildung bereitet Ärzte darauf vor, qualitativ hochwertige Patientenversorgung in allen Aspekten der Orthopädie und Unfallchirurgie zu bieten.

Berufliche Perspektien in der Orthopädie

Die beruflichen Aussichten in der Orthopädie sind aufgrund des demografischen Wandels und der Zunahme chronischer Erkrankungen sehr gut. Eine alternde Bevölkerung und die erhöhte Prävalenz von Erkrankungen des Bewegungsapparats erhöhen den Bedarf an spezialisierter orthopädischer Diagnostik und Therapie. 

Gehalt für Orthopäden in Krankenhäusern und Kliniken

Das Gehalt von Orthopäden in der stationären Versorgung hängt ab von der beruflichen Position, der Art der Einrichtung sowie der Aufgabenkomplexität und Berufserfahrung. Die Gehälter sind generell durch Tarifverträge geregelt.

In kommunalen Krankenhäusern unterliegen die Gehälter dem Tarifvertrag für Ärzte an kommunalen Krankenhäusern (TV-Ärzte/VKA). Tariflich vereinbart im  TV-Ärzte/VKA folgende Grundgehälter (jeweils mit 3 Jahren Berufserfahrung): 

  • Assistenzärzte/-ärztinnen  etwa 5.800 EUR
  • Fachärzte/-ärztinnen rund 8.100 EUR
  • Oberärzte/-ärztinnen rund 10.000 EUR

Einkommen in der ambulanten Versorgung

In orthopädischen Praxen konzentriert sich die Tätigkeit auf die Behandlung und Nachsorge von Erkrankungen des Bewegungsapparates sowie auf orthopädische Rehabilitationsmaßnahmen. Es werden aber verstärkt auch operative Eingriffe in speziellen Operationszentren durchgeführt. Der durchschnittliche Jahresreinertrag einer orthopädischen Praxis betrug im Jahr 2021 etwa 362.000 EUR. 

Spezialisierung in der Orthopädie

Die Orthopädie bietet zudem eine Vielzahl von Spezialisierungsmöglichkeiten, darunter:

  • Sportorthopädie
  • Kinderorthopädie
  • Orthopädische Rheumatologie
  • Endoprothetik (Gelenkersatz)
  • Wirbelsäulenchirurgie

Medizinischer Fortschritt in Form von verbesserten Implantatmaterialien und minimal-invasiven Operationstechniken erweitert kontinuierlich die Behandlungsmöglichkeiten in der Orthopädie. Darüber hinaus lässt der bevorstehende Generationswechsel in der ambulanten Orthopädie gute Übernahmechancen für jüngere Mediziner erwarten. Diese Faktoren zusammen deuten darauf hin, dass Orthopäden sowohl in der stationären als auch in der ambulanten Medizin ausgezeichnete berufliche Aussichten haben.


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