Facharzt-Weiterbildung Endokrinologie und Diabetologie

Endokrinologie und Diabetologie: Ein kleiner, aber entscheidend wichtiger Bereich der Medizin, geprägt durch die steigende Prävalenz von Diabetes und hormonellen Erkrankungen. Die Facharztweiterbildung dauert 72 Monate. Fachärzte und Fachärztinnen arbeiten in der Behandlung eng mit anderen medizinischen Fachbereichen wie bspw. der Nephrologie und Kardiologie zusammen. Die beruflichen Perspektiven in diesem Fachbereich sind in der ambulanten und stationären Medizin gut.

Die Illustration zeigt einen Arzt mit typischen Diagnoseinstrumenten zur Therapie von Diabetes.

Die Endokrinologie und Diabetologie sind spezialisierte Fachbereiche der Inneren Medizin, die sich mit der Diagnose und Behandlung hormonell bedingter Erkrankungen befassen. Endokrinologen und Diabetologen diagnostizieren und behandeln Erkrankungen des Hormonsystems, dazu zählen beispielsweise Osteoporose, Schilddrüsenerkrankungen und Diabetes mellitus. Diese Spezialisierung erfordert ein tiefgreifendes Verständnis der komplexen Hormoninteraktionen im menschlichen Körper. 

Im Folgenden beleuchten wir die verschiedenen Aspekte der Facharzt-Weiterbildung in Endokrinologie und Diabetologie, von der Dauer und Struktur der Ausbildung bis hin zu den beruflichen Perspektiven und Weiterbildungsinhalten.

Endokrinologie und Diabetologie: Begriffsklärungen 

Endokrinologie und Diabetologie sind zwei stark spezialisierte Teilgebiete der Inneren Medizin. Beide Bereiche sind eng miteinander verzahnt. Sie konzentrieren sich auf hormonelle Störungen und deren Auswirkungen auf den Körper. Beide Teilgebiete benötigen ein tiefes Verständnis der inneren Vorgänge im menschlichen Körper und der Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Hormonen und Organen.

Der Hauptunterschied zwischen Endokrinologie und Diabetologie liegt in der spezifischen medizinischen Ausrichtung. Während die Endokrinologie sich auf ein breites Spektrum an hormonellen Erkrankungen konzentriert, liegt der Schwerpunkt der Diabetologie auf Diabetes. 

Begriffsklärung Endokrinologie

Dieser Teilbereich befasst sich mit dem endokrinen System und seinen Erkrankungen, wozu auch Diabetes zählt. Endokrinologen behandeln eine Vielzahl von hormonbedingten Erkrankungen, nicht nur Diabetes. Sie sind Experten für Erkrankungen der Schilddrüse, Nebennieren, Hypophyse und anderer hormonproduzierender Drüsen.

Begriffsklärung Diabetologie

Die Diabetologie konzentriert sich speziell auf die Diagnose, Behandlung und Erforschung von Diabetes mellitus. Es befasst sich intensiv mit den verschiedenen Formen des Diabetes, den zugrunde liegenden Ursachen, den Komplikationen und den neuesten Behandlungsmethoden. Die Diabetologie ist sowohl in der Forschung als auch in der klinischen Praxis ein eigenständiges und prominentes Fachgebiet, das aufgrund der steigenden Prävalenz von Diabetes in der Bevölkerung zunehmend an Bedeutung gewinnt.

In der Facharzt-Weiterbildung Endokrinologie und Diabetologie werden Ärzte und Ärztinnen umfassend in beiden Gebieten ausgebildet, wodurch sie die Fähigkeiten und Kenntnisse erwerben, um sowohl endokrine als auch diabetologische Erkrankungen zu diagnostizieren und zu behandeln. Die Kombination dieser Fachbereiche in einer Weiterbildung ermöglicht es Medizinern, ein breites Verständnis für die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen hormonellen Prozessen und dem Diabetesmanagement zu entwickeln, was für eine effektive Patientenversorgung in diesen eng miteinander verknüpften Disziplinen unerlässlich ist.

Tätigkeitsschwerpunkte der Endokrinologie und Diabetologie

Die Tätigkeitsschwerpunkte in der Endokrinologie und Diabetologie umfassen die Diagnose, Behandlung und Prävention einer Vielzahl von Erkrankungen, die das Hormonsystem und den Stoffwechsel betreffen. 

Haupterkrankungen in der Endokrinologie:

  • Schilddrüsenerkrankungen: Dazu gehören Hypothyreose (Unterfunktion), Hyperthyreose (Überfunktion), Schilddrüsenknoten und Schilddrüsenkrebs.
  • Nebennierenerkrankungen: Beispielsweise Morbus Addison (Nebennierenrindeninsuffizienz), Cushing-Syndrom und Nebennierenadenome.
  • Hypophysenerkrankungen: Darunter fallen beispielsweise Hypophysentumore, Akromegalie und Diabetes insipidus.
  • Knochenstoffwechselstörungen: Osteoporose und andere metabolische Knochenerkrankungen.
  • Störungen der Sexualhormone: Beispielsweise Polyzystisches Ovar-Syndrom (PCOS) bei Frauen und Testosteronmangel bei Männern.

Haupterkrankungen in der Diabetologie:

  • Diabetes mellitus: Dies umfasst Typ-1-Diabetes, Typ-2-Diabetes, Schwangerschaftsdiabetes und seltene Formen wie MODY (Maturity Onset Diabetes of the Young).
  • Komplikationen von Diabetes: Dazu zählen diabetische Neuropathie, Nephropathie, Retinopathie und kardiovaskuläre Erkrankungen.

Wichtigste therapeutische Maßnahmen:

  • Medikamentöse Behandlung: Einsatz von Insulin, oralen Antidiabetika, Hormonersatztherapien und spezifischen Medikamenten für die jeweiligen Erkrankungen.
  • Lifestyle-Management: Diät- und Ernährungsberatung, Gewichtsmanagement und Förderung körperlicher Aktivität sind zentral in der Behandlung von Diabetes und einigen endokrinen Erkrankungen.
  • Überwachung und Management von Komplikationen: Regelmäßige Überwachung und Behandlung von Komplikationen, besonders bei Diabetes, um langfristige Schäden zu vermeiden.
  • Chirurgische Eingriffe: Bei bestimmten Erkrankungen wie Schilddrüsenkrebs oder signifikanten Nebennierenadenomen.
  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Enger Austausch mit anderen medizinischen Disziplinen, insbesondere bei Erkrankungen, die mehrere Organsysteme betreffen.

Ärztestatistik: Endokrinologie und Diabetologie 

Ende 2022 waren in Deutschland laut der Bundesärztestatistik 370 Fachärzte für Endokrinologie und Diabetologie ärztlich tätig. Darunter auch Ärzte und Ärztinnen mit der TG und SP Endokrinologie und Diabetologie oder Kinderdiabetologie. Dies zeigt, dass die Endokrinologie und Diabetologie einen sehr kleiner, aber spezialisierter Bereich ist. Von diesen 370 Fachärzten waren etwa 48,6 % in der ambulanten Versorgung tätig.

Der Frauenanteil in diesem Fachbereich lag bei rund 45 %, was leicht unter dem Durchschnitt liegt. Im Jahr 2022 wurden 35 neue Facharztbezeichnungen in Endokrinologie und Diabetologie erteilt, von denen 20 an Frauen vergeben wurden. 

Facharzt-Weiterbildung Endokrinologie und Diabetologie: Dauer und Struktur

Die Weiterbildung zum Facharzt für Innere Medizin und Endokrinologie und Diabetologie ist ein strukturierter und umfassender Ausbildungsprozess. Die Facharzt-Weiterbildung beinhaltet sowohl praktische als auch theoretische Inhalte, die den Ärzten helfen, ein tiefes Verständnis für die komplexen Krankheitsbilder in der Endokrinologie und Diabetologie zu entwickeln.

Die Gesamtdauer der Weiterbildung beträgt 72 Monate und kann nur an von den Landesärztekammern anerkannten Weiterbildungsstätten erfolgen.

36 Monate stationäre Basisweiterbildung im Gebiet der Inneren Medizin: Hier erlangen die Ärzte grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten in der allgemeinen Inneren Medizin. Ein integraler Bestandteil dieser Phase ist ein 6-monatiger Einsatz in der Notaufnahme, der wertvolle Erfahrungen in der Akutmedizin und im Umgang mit Notfällen bietet.

36 Monate spezialisierte Weiterbildung in Endokrinologie und Diabetologie: In dieser Phase liegt der Schwerpunkt auf der Vertiefung von Wissen und praktischen Fähigkeiten in den Bereichen Endokrinologie und Diabetologie. Hierzu gehört auch ein 6-monatiger Abschnitt in der internistischen Intensivmedizin, der auch während der Basisweiterbildung absolviert werden kann. Diese Erfahrung ist besonders wertvoll, da sie Einblicke in die Behandlung schwerwiegender und lebensbedrohlicher Zustände im Zusammenhang mit endokrinen und diabetischen Erkrankungen gibt.

Weiterbildungsinhalte in der Facharztkompetenz

Die Facharzt-Weiterbildung in Endokrinologie und Diabetologie setzt voraus, dass die Basisweiterbildung in Innerer Medizin erfolgreich abgeschlossen wurde. 

Die Weiterbildungsinhalte in der Facharztkompetenz zielen ab auf den Erwerb von Kennt­­nis­­sen, Erfah­run­­gen und Fertig­kei­ten in 

  • der Vorbeu­gung, Erken­nung und Behand­lung endo­kri­ner Erkran­kun­gen der hormon­bil­den­den Drüsen
    • des endo­kri­nen Pankreas, insbe­son­dere des Diabe­tes melli­tus gemäß Zusatz-Weiter­bil­dung
    • sämt­li­cher hormon­bil­den­der, ortho­top oder hete­ro­top gele­ge­ner Drüsen, Tumo­ren oder para­neo­plas­ti­scher Hormon­pro­duk­ti­ons­stel­len
  • der Vorbeu­gung, Erken­nung und Behand­lung von Stoff­wech­sel­lei­den einschließ­lich des meta­bo­li­schen Syndroms
  • Diabe­tes-asso­zi­ier­ten Erkran­kun­gen wie arte­ri­elle Hyper­to­nie, koro­nare Herz­er­kran­kung, Fett­stoff­wech­sel­stö­rung
  • der Behand­lung der sekun­dä­ren Diabe­tes­for­men und des Diabe­tes melli­tus in der Gravi­di­tät
  • der Früh­er­ken­nung, Behand­lung und Vorbeu­gung von Diabe­tes­kom­pli­ka­ti­o­nen einschließ­lich des diabe­ti­schen Fußsyn­droms
  • der Insu­lin­be­hand­lung einschließ­lich der Insu­lin­pum­pen­be­hand­lung
  • der Ernäh­rungs­be­ra­tung und Diäte­tik bei Stoff­wech­sel- und endo­kri­nen Erkran­kun­gen
  • der Indi­ka­ti­ons­stel­lung, Metho­dik, Durch­füh­rung und Einord­nung der Labor­un­ter­su­chun­gen von Hormon-, Diabe­tes- und Stoff­wech­sel-spezi­fi­schen Para­me­tern einschließ­lich deren Vorstu­fen, Abbau­pro­duk­ten sowie Anti­kör­pern
  • der Erken­nung und Behand­lung andro­lo­gi­scher Krank­heits­bil­der
  • struk­tu­rier­ten Schu­lungs­kur­sen für Typ 1– und Typ 2-Diabe­ti­ker mit und ohne Kompli­ka­ti­o­nen, für schwan­gere Diabe­ti­ke­rin­nen sowie Schu­lun­gen zur Hypo­glyk­ämi­e­wahr­neh­mung
  • der Berufs­wahl- und Fami­li­en­be­ra­tung bei endo­kri­nen Erkran­kun­gen
  • der Indi­ka­ti­ons­stel­lung und Bewer­tung nuklear­me­di­zi­ni­scher in-vivo-Unter­su­chun­gen endo­kri­ner Organe
  • der inter­dis­zi­pli­nären Indi­ka­ti­ons­stel­lung zu chir­ur­gi­schen, strah­len­the­ra­peu­ti­schen und nuklear­me­di­zi­ni­schen Behand­lungs­ver­fah­ren
  • der inten­siv­me­di­zi­ni­schen Basis­ver­sor­gung

Defi­­nierte Unter­­su­chungs- und Behan­d­­lungs­­­ver­­fah­ren:

  • Ultra­schall­un­ter­su­chun­gen einschließ­lich Duplex-Sono­gra­phien an endo­kri­nen Orga­nen sowie Fein­na­del­punk­ti­o­nen
  • endo­kri­no­lo­gi­sche Labor­dia­gno­s­tik
  • Osteo­den­si­to­me­trie
  • Belas­tungs­tests einschließ­lich Stimu­la­ti­ons- und Suppres­si­ons­tests

Schnittstellen zu anderen medizinischen Fachbereichen

Die Endokrinologie und Diabetologie interagieren eng mit anderen medizinischen Fachbereichen, um eine umfassende Patientenversorgung zu gewährleisten. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit ist entscheidend, da hormonelle Ungleichgewichte und Diabetes vielfältige Auswirkungen auf den gesamten Körper haben können.

Kardiologie: Diabetes und bestimmte endokrine Störungen, wie das Cushing-Syndrom, erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Eine enge Zusammenarbeit mit Kardiologen ist daher wichtig, um kardiovaskuläre Risiken zu managen und zu behandeln.

Nephrologie: Diabetische Nephropathie ist eine häufige Komplikation des Diabetes mellitus. Endokrinologen und Diabetologen arbeiten eng mit Nephrologen zusammen, um die Nierenfunktion zu überwachen und Nierenerkrankungen frühzeitig zu behandeln.

Neurologie: Diabetische Neuropathie, eine Schädigung der Nerven durch langanhaltend hohe Blutzuckerwerte, ist ein weiteres Gebiet, in dem eine Zusammenarbeit mit Neurologen unerlässlich ist.

Gynäkologie: Bei Frauen beeinflussen hormonelle Erkrankungen, wie das Polyzystische Ovar-Syndrom (PCOS), und Diabetes die reproduktive Gesundheit. Die Koordination mit Gynäkologen ist wichtig für die Behandlung dieser Bedingungen, insbesondere bei Kinderwunsch.

Psychiatrie und Psychologie: Chronische Erkrankungen wie Diabetes können psychische Belastungen mit sich bringen. Eine Zusammenarbeit mit Psychiatern und Psychologen ist daher wichtig, um psychische Aspekte der Krankheitsbewältigung zu adressieren.

Dermatologie: Hormonelle Ungleichgewichte können sich auch auf die Haut auswirken, beispielsweise in Form von Akne oder Haarausfall. Eine Kooperation mit Dermatologen kann in solchen Fällen hilfreich sein.

Allgemeinmedizin: Hausärzte spielen eine zentrale Rolle in der Koordination der Versorgung von Patienten mit endokrinen Erkrankungen oder Diabetes, insbesondere in der Langzeitbetreuung und bei der Prävention von Komplikationen.

Chirurgie: In bestimmten Fällen, etwa bei Schilddrüsenkrebs oder großen Nebennierenadenomen, ist eine chirurgische Intervention erforderlich. Hierbei ist die Zusammenarbeit mit Chirurgen entscheidend.

Fazit

Das Fachgebiet der Endokrinologie und Diabetologie ist ein kleiner, jedoch hochspezialisierten Bereich der Medizin, der aufgrund der zunehmenden Prävalenz endokriner Erkrankungen und Diabetes ausgezeichnete berufliche Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Diese Zunahme spiegelt gesellschaftliche Trends wie Bewegungsarmut und unzureichende Ernährung wider, was die Bedeutung und Notwendigkeit dieses Fachbereichs in der modernen Medizin unterstreicht. Die Facharzt-Weiterbildung in Endokrinologie und Diabetologie dauert 72 Monate.

In der Behandlung von Patienten mit endokrinen Störungen und Diabetes ist die enge Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Fachbereichen essentiell. Dies reicht von der Kardiologie über die Nephrologie bis hin zur Psychiatrie, wodurch eine ganzheitliche Betreuung der Patienten ermöglicht wird.

Fachärzte und Fachärztinnen für Endokrinologie und Diabetologie sind sowohl im stationären als auch im ambulanten Sektor tätig. In stationären Einrichtungen sind sie vor allem in Krankenhäusern der Schwerpunkt- und Maximalversorgung zu finden, wo sie eine entscheidende Rolle in der Behandlung komplexer Fälle spielen.

Zusammenfassend bietet das Fachgebiet der Endokrinologie und Diabetologie eine dynamische und herausfordernde Karriere mit der Möglichkeit, einen signifikanten Beitrag zur Gesundheitsversorgung zu leisten, insbesondere angesichts der wachsenden Anzahl von Patienten mit endokrinen Erkrankungen und Diabetes.


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