Leben mit ADHS: Ursachen, Symptome und Therapie

ADHS ist mehr als nur Zappeligkeit und Unaufmerksamkeit. Der Störungskomplex stellt Betroffene und ihr Umfeld vor Herausforderungen, die weit über die Schule oder den Beruf hinausgehen. Entscheidend für ein erfolgreiches und erfüllendes Leben mit ADHS ist eine Kombination aus gutem Selbstmanagement, Selbstbewusstsein und Akzeptanz sowie professioneller Unterstützung, wenn Bedarf besteht.

Die Illustration zeigt eine entnervte Mutter, die ein hyperaktives Kind nicht unter Kontrolle bringt.

Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine häufig diagnostizierte psychische Auffälligkeit, die oft vom Kindes- ins Erwachsenenalter reicht. Unbehandelt kann ADHS zu ernsthaften Folgen wie Schulversagen, sozialen Schwierigkeiten und erhöhter Suchtgefahr führen.

Dieser Blogpost beleuchtet die vielschichtigen Facetten einer häufig missverstandenen Störung, untersucht ihre gesellschaftliche Relevanz und beleuchtet, wie ein erfülltes Leben mit ADHS möglich ist.

Hyperaktivität: Was ist ADHS?

ADHS, die Abkürzung für Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, ist eine neurobiologische Störung, die durch eine Reihe von Verhaltenssymptomen charakterisiert ist. Die primären Symptome sind Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit und Impulsivität. 

Medizinisch gesehen handelt es sich bei ADHS um eine Funktionsstörung, die auf eine dysregulierte Signalübertragung zwischen verschiedenen Bereichen des Gehirns zurückgeführt werden kann. Besonders betroffen sind hierbei die Frontallappen, die für Impulskontrolle und Aufmerksamkeitssteuerung zuständig sind.

Die Diagnose erfolgt in der Regel anhand etablierter diagnostischer Kriterien, wie sie im DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5th Edition) oder der ICD-10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision) festgelegt sind. Diese Kriterien setzen voraus, dass die Symptome über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten in mehr als einem Setting (zum Beispiel Schule, Zuhause) aufgetreten sein müssen und dass sie zu einer Beeinträchtigung in sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionen führen.

Für eine fundierte Diagnose werden in der Regel Verhaltensbeobachtungen, standardisierte Fragebögen und klinische Interviews eingesetzt. Darüber hinaus können neurophysiologische Tests und bildgebende Verfahren wie MRT (Magnetresonanztomografie) zusätzliche Informationen liefern, obwohl diese nicht für die Diagnose erforderlich sind.

Unterschied ADHS und ADS

Der Hauptunterschied zwischen ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) und ADS (Aufmerksamkeitsdefizitstörung) liegt im Symptombild, insbesondere im Auftreten von Hyperaktivität.

ADHS

Bei ADHS sind alle drei Hauptsymptome vorhanden:

  • Unaufmerksamkeit: Schwierigkeiten bei der Konzentration, häufige und einfache Ablenkbarkeit.
  • Hyperaktivität: Übermäßiger Bewegungsdrang, Unruhe.
  • Impulsivität: Spontanes, oft unüberlegtes Handeln.

ADS

Bei ADS treten nur die Symptome der Unaufmerksamkeit auf, ohne Hyperaktivität und Impulsivität. Es handelt sich um die gleiche Grundstörung, allerdings fehlen die motorische Unruhe und das impulsive Verhalten.

Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Prävalenz und Symptomatik von ADHS

ADHS zeigt nicht nur unterschiedliche Ausprägungen im Symptombild, sondern auch signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede in Häufigkeit und Erscheinungsform. Während Jungen häufiger mit ADHS diagnostiziert werden, präsentiert sich die Störung bei Mädchen und Frauen oft weniger offensichtlich, was die Diagnosestellung erschweren kann. 

Prävalenz

ADHS wird bei Jungen wesentlich häufiger diagnostiziert als bei Mädchen. Schätzungen variieren, doch oft wird ein Verhältnis von etwa 3:1 (Jungen zu Mädchen) angegeben.

Symptombild

Während Hyperaktivität und Impulsivität bei Jungen tendenziell häufiger auftreten, zeigen Mädchen eher die unaufmerksame Form von ADHS (oft als ADS bezeichnet). Daher kann die Diagnose bei Mädchen und Frauen komplizierter sein und wird gelegentlich übersehen oder erst später gestellt.

Diagnose im Erwachsenenalter

Bei Erwachsenen wird die Störung in ähnlicher Weise bei beiden Geschlechtern diagnostiziert, wobei Frauen häufiger im Erwachsenenalter diagnostiziert werden, da ihre Symptome in der Kindheit weniger offensichtlich sein können.

Komorbiditäten

Begleiterkrankungen wie Angststörungen oder Depressionen treten bei Frauen mit ADHS häufiger auf als bei Männern.

ADHS Symptome und Beispiele

Die Symptome von ADHS lassen sich in die Kategorien Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität unterteilen, die jeweils spezifische Verhaltensweisen und Herausforderungen mit sich bringen.

Unaufmerksamkeit

Unaufmerksamkeit zeigt sich durch Schwierigkeiten, sich konstant auf Aufgaben zu konzentrieren, und oft durch Vergesslichkeit im Alltag. Die Symptome sind:

  • Ablenkbarkeit durch externe Reize
  • Schwierigkeiten, Anweisungen zu folgen
  • Verlust des Überblicks bei Aufgaben und Aktivitäten

Hyperaktivität

Bei Hyperaktivität kommt es zu übermäßigem Bewegungsdrang und Rastlosigkeit. Dies äußert sich durch:

  • Zappeln oder Herumtapsen mit den Füßen
  • Unfähigkeit, ruhig zu sitzen, wenn es erwartet wird
  • Übermäßiges Reden und Unterbrechen anderer

Impulsivität

Impulsives Verhalten resultiert in vorschnellen Handlungen ohne Rücksicht auf die Konsequenzen. Zu den Merkmalen zählen:

  • Schwierigkeiten, sich geduldig zu verhalten oder auf die eigene Reihe zu warten
  • Störendes Unterbrechen von Gesprächen
  • Mangelnde Vorausplanung und Überlegung der Konsequenzen

ADHS Ursachen

Die genauen Ursachen von ADHS sind bisher nicht vollständig verstanden, jedoch gibt es eine Reihe von Faktoren, die in der wissenschaftlichen Literatur als relevant erachtet werden. Diese lassen sich in genetische, neurobiologische und umweltbedingte Faktoren unterteilen.

Genetische Faktoren

Es gibt starke Hinweise darauf, dass ADHS eine ererbte Komponente hat. Familien- und Zwillingsstudien haben gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von ADHS deutlich höher ist, wenn ein direktes Familienmitglied ebenfalls betroffen ist.

Neurobiologische Faktoren

Im Gehirn von Personen mit ADHS wurden Abweichungen in der Struktur und Funktion bestimmter Hirnregionen und Neurotransmitter-Systeme festgestellt. Insbesondere die Signalübertragung der Neurotransmitter Dopamin und Noradrenalin scheint gestört zu sein, was die Symptome von ADHS beeinflussen kann.

Umweltbedingte Faktoren

Verschiedene umweltbedingte Faktoren können das Risiko für die Entwicklung einer ADHS erhöhen. Dazu zählen:

  • Frühkindliche Exposition gegenüber Alkohol, Tabak oder Drogen während der Schwangerschaft
  • Frühgeburt oder niedriges Geburtsgewicht
  • Exposition gegenüber Blei oder anderen schädlichen Substanzen

Es wird angenommen, dass eine Kombination dieser Faktoren das Auftreten von ADHS begünstigt. Dabei ist die individuelle Ausprägung und Kombination der Faktoren unterschiedlich und erfordert eine umfassende diagnostische Abklärung für eine genaue Diagnose und Behandlungsstrategie.

ADHS Behandlungen

Die Behandlung von ADHS ist komplex und oft multimodal, das heißt, sie setzt sich aus verschiedenen Therapieansätzen zusammen. Zu den Hauptkomponenten der Behandlung gehören Verhaltenstherapie, medikamentöse Therapie und psychosoziale Interventionen. Im Folgenden werden diese Ansätze erläutert und nachfolgend die Kontroverse um die medikamentöse Behandlung näher beleuchtet.

Verhaltenstherapie

Verhaltenstherapeutische Maßnahmen, oft in Kombination mit Eltern- und Lehrertraining, sind eine gängige Methode zur Behandlung der Symptome von ADHS. Das Ziel ist die Förderung positiver Verhaltensweisen und die Reduzierung problematischer Verhaltensmuster durch gezielte Interventionen.

Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Behandlung ist ein umstrittenes Thema in der Diskussion um ADHS. Medikamente wie Methylphenidat und Amphetamin-Derivate können effektiv die Symptome reduzieren, sind jedoch nicht frei von Nebenwirkungen. Dazu gehören Schlafprobleme, Appetitlosigkeit und in seltenen Fällen auch kardiovaskuläre Probleme. Zudem besteht die Gefahr einer Übermedikation oder einer unsachgemäßen Verwendung der Medikamente, was die Kontroverse um diesen Behandlungsansatz weiter anheizt.

Psychosoziale Interventionen

Zu dieser Kategorie gehören Therapien, die darauf abzielen, die sozialen Fähigkeiten und die emotionale Selbstregulation des Betroffenen zu verbessern. Dazu können auch Maßnahmen in der Schule oder im familiären Umfeld zählen, um eine bessere Integration und Funktion im Alltag zu ermöglichen.

ADHS Medikamente: eine kritische Betrachtung der medikamentösen Behandlung 

Das Ziel jeder Behandlungsstrategie sollte sein, eine individuell zugeschnittene und umfassende Herangehensweise zu wählen. Dabei ist die medikamentöse Behandlung eine von mehreren Optionen, deren Risiken und Nutzen im Kontext des Gesamtbildes sorgfältig abgewogen werden müssen.

Ethische Fragen

Die Verwendung von Medikamenten wie Methylphenidat bei Kindern und Jugendlichen wirft ethische Fragen auf. Diese beziehen sich etwa auf das Recht des Kindes, eine unveränderte Persönlichkeitsentwicklung ohne pharmakologische Eingriffe zu erleben. Zu den Nebenwirkungen der Medikamente zählen unter anderem Schlafprobleme, Appetitlosigkeit und in seltenen Fällen kardiovaskuläre Probleme. Diese Risiken erfordern eine sorgfältige Abwägung und Überwachung durch Fachpersonal.

Langzeitwirkungen

Die Langzeiteffekte der Medikamenteneinnahme bei ADHS sind noch nicht abschließend erforscht. Ungeklärte Fragen existieren unter anderem bezüglich der Entwicklung des Gehirns und des Potenzials für spätere Gesundheitsprobleme.

Verdrängung Alternativer Therapieansätze

Die Effektivität und Schnelligkeit medikamentöser Behandlungen könnten dazu führen, dass andere Behandlungsansätze, wie Verhaltenstherapie oder psychosoziale Interventionen, in den Hintergrund treten. Dies wäre problematisch, da eine multimodale Therapie oft als der effektivste Ansatz gilt.

Leben mit ADHS

Das Leben mit ADHS stellt zweifelsohne eine Herausforderung dar, aber es ist wichtig zu betonen, dass die Diagnose keineswegs eine deterministische Vorgabe für Lebenserfolg oder -misserfolg ist. Viele Menschen mit ADHS haben bedeutende Erfolge in beruflichen und familiären Bereichen erzielt. Die Schlüssel zu einer erfolgreichen Lebensgestaltung mit ADHS liegen in mehreren Faktoren:

  • Selbstbewusstsein und Akzeptanz: Die Akzeptanz der Diagnose und ein bewusster Umgang mit den eigenen Stärken und Schwächen sind der erste Schritt zu einem erfolgreichen Leben mit ADHS. Selbstkenntnis ermöglicht es, spezifische Strategien für die Bewältigung von Herausforderungen zu entwickeln.
  • Anpassung der Arbeitsumgebung: Im Berufsfeld können Anpassungen der Arbeitsumgebung und -struktur eine große Hilfe sein. Zeitmanagement-Tools, klare Aufgabenstrukturen und regelmäßige Pausen können dazu beitragen, die Symptome von ADHS effektiv zu managen.
  • Soziale Unterstützung: Im familiären Kontext ist soziale Unterstützung unerlässlich. Offene Kommunikation über die Störung und deren Auswirkungen kann dazu beitragen, Missverständnisse zu vermeiden und ein unterstützendes Umfeld zu schaffen.
  • Professionelle Hilfe: Oft ist professionelle Unterstützung in Form von Therapie oder Coaching ein wesentlicher Bestandteil für den Umgang mit ADHS. Dies gilt sowohl für die medizinische als auch für die psychologische Behandlung.
  • Kontinuierliche Anpassung und Lernen: Da ADHS eine lebenslange Störung ist, muss der Umgang damit regelmäßig evaluiert und angepasst werden. Dies beinhaltet auch die kontinuierliche Fortbildung über neue Therapieansätze und Erkenntnisse.

ADHS ist keine Einschränkung, sondern eine Störung. Die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit ist also keineswegs begrenzt, sondern aufgrund hoher Energie sogar oft besser.

Ein Schlüssel ist effektives Selbstmanagement. 

Selbstmanagement ist eine Methode und erlernbar. Oft sind es einfache Tools und Regeln, die am effektivsten wirken. Zum Beispiel ist es wichtig, komplexe Aufgaben in machbare Teile zu zerlegen und sequentiell anzugehen. Dieser sequentielle Ansatz ist besonders wichtig, da ADHS dazu neigen kann, leicht den Überblick zu verlieren, was zu Frustration und Motivationsverlust führt.


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