Immer mehr Jugendliche mit psychischen Erkrankungen
Seelische Erkrankungen zählen zu den häufigsten Krankheiten von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Im Herbst 2022 wiesen der renommierten COPSY-Studie zufolge 23 Prozent der Kinder und Jugendlichen psychische Auffälligkeiten auf. Das sind über drei Millionen Betroffene. Die aktuellen Zahlen vom Statistischen Bundesamt unterstreichen die Dringlichkeit des Problems sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft.
Laut einer Analyse des Statistischen Bundesamtes waren psychische Erkrankungen im Jahr 2021 die Hauptursache für Krankenhausaufenthalte bei Jugendlichen. Dieser Befund unterstreicht die Dringlichkeit des Themas und macht deutlich, dass Handlungsbedarf besteht.
In der Umgangssprache und auch im medizinischen Kontext werden die Begriffe "seelische Erkrankungen" und "psychische Erkrankungen" oft synonym verwendet. Beide beziehen sich auf eine Reihe von Störungen, die das Denken, Fühlen, Wahrnehmen und Verhalten eines Individuums beeinflussen können.
Psychische Erkrankungen Jugendalter: Statistik
Die aktuelle Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes zeigt ein wachsendes Problem psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen und betont geschlechtsspezifische Unterschiede in der Inzidenz dieser Erkrankungen.
Die Ergebnisse zeigen, dass psychische Erkrankungen ein ernstzunehmendes und zunehmendes Problem bei Kindern und Jugendlichen sind, mit spezifischen geschlechtlichen Unterschieden.
Häufigkeit psychischer Erkrankungen bei Jungendlichen:
- Im Jahr 2021 waren psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen die Hauptursache für stationäre Krankenhausbehandlungen bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 17 Jahren. Sie stellten 19% aller Krankenhausbehandlungen in dieser Altersgruppe dar.
- Mädchen wurden anteilig häufiger wegen psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen im Krankenhaus behandelt als Jungen. Bei den Mädchen waren es 24%, bei den Jungen 13%.
- Der Anteil der Krankenhausbehandlungen wegen psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen ist im Vergleich zum Jahr 2011 gestiegen. Damals machten solche Behandlungen 13% aus, im Jahr 2021 waren es 19%.
- Verletzungen und Vergiftungen waren im Jahr 2021 der zweithäufigste Grund für Krankenhausaufenthalte bei Kindern und Jugendlichen und machten ebenfalls 19% der Fälle aus.
Psychische Erkrankungen bei Jugendlichen
Psychische Erkrankungen stellen in allen Altersgruppen ein ernstes Problem dar, nehmen jedoch bei Jugendlichen aufgrund ihrer Lebensphase und der damit verbundenen langfristigen Auswirkungen eine besonders gravierende Bedeutung an. Häufige psychische Erkrankungen bei Jugendlichen:
Depressionen
Depression ist die häufigste Diagnose bei psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen. Im Jahr 2021 waren mehr als 21.900 Jugendliche im Alter von 10 bis 17 Jahren wegen depressiver Episoden stationär in Behandlung.
Angststörungen
Angststörungen sind ebenfalls eine verbreitete psychische Erkrankung unter Jugendlichen. Sie können in verschiedenen Formen auftreten, einschließlich sozialer Angst, generalisierter Angststörung und spezifischer Phobien.
Essstörungen
Essstörungen wie Anorexie und Bulimie sind insbesondere bei jungen Mädchen ein Problem, können aber auch bei Jungen auftreten. Sie sind oft mit ernsthaften gesundheitlichen Risiken verbunden.
ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung)
ADHS ist besonders in jüngeren Altersgruppen ein häufig diagnostiziertes Problem. Es betrifft die Konzentrationsfähigkeit und das Verhalten und kann das schulische und soziale Umfeld stark beeinflussen.
Alkoholbedingte Erkrankungen und Störungen
Alkoholbedingte Erkrankungen und Störungen waren im Jahr 2021 mit knapp 9.300 Behandlungsfällen die zweithäufigste Diagnose für Kinder und Jugendliche. Dazu zählen Abhängigkeits- oder Entzugssyndrome sowie akute Alkoholvergiftungen.
Reaktionen auf Extrembelastungen und Anpassungsstörungen
Bei gut 7.700 der behandelten 10- bis 17-Jährigen standen Reaktionen auf Extrembelastungen und Anpassungsstörungen im Fokus. Diese können durch außergewöhnlich belastende Lebensereignisse wie Traumata oder durch anhaltend unangenehme Veränderungen im Leben ausgelöst werden.
Ursachen und Symptome psychischer Erkrankungen
Die Ursachen für den Anstieg psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen sind vielschichtig und komplex. Sie reichen von biologischen und psychologischen Faktoren über familiäre und soziale Bedingungen bis hin zu Bildung, aktuellen Ereignissen und dem Gesundheitssystem selbst. Diese Faktoren sind oft miteinander verwoben und erfordern eine umfassende, multidisziplinäre Herangehensweise, um sie zu verstehen und effektiv zu adressieren.
- Biologische Faktoren: Genetische Veranlagung und hormonelle Veränderungen können eine Rolle spielen, besonders in der Pubertät.
- Psychologische Faktoren: Selbstbild, Resilienz und die Fähigkeit, mit Stress umzugehen, variieren von Individuum zu Individuum.
- Familiäre Bedingungen: Familienstruktur, Erziehungsstile und -praktiken, sowie familiäre Vorgeschichte von psychischen Erkrankungen können ebenfalls Einfluss nehmen.
- Soziale und kulturelle Faktoren: Der soziale Druck, insbesondere durch soziale Medien, sowie kulturelle Normen und Erwartungen können die psychische Gesundheit beeinträchtigen.
- Umweltfaktoren: Lebensbedingungen, Zugang zu qualitativ hochwertiger Gesundheitsversorgung, und sozioökonomische Bedingungen sind wichtige externe Einflussfaktoren.
- Bildung und Schule: Schulischer Druck, Mobbing und das Schulklima im Allgemeinen können ebenfalls Stressfaktoren sein.
- Aktuelle Ereignisse: Große Lebensereignisse, wie Scheidung der Eltern oder der Tod eines geliebten Menschen, sowie globale Ereignisse wie Pandemien, können akuten Stress auslösen.
- Verfügbarkeit und Zugang zu Therapie: Die Kapazität des Gesundheitssystems, einschließlich der Anzahl und Verfügbarkeit von Psychotherapeuten, kann den Zugang zur notwendigen Behandlung beeinflussen.
- Veränderung der Diagnosekriterien: Manchmal kann ein Anstieg der diagnostizierten Fälle auch das Ergebnis veränderter oder erweiterter Diagnosekriterien sein, nicht unbedingt ein tatsächlicher Anstieg der Erkrankung selbst.
- Stigma und Bewusstsein: Während das wachsende Bewusstsein für psychische Gesundheit dazu beiträgt, dass mehr Menschen Hilfe suchen, kann das bestehende Stigma um psychische Erkrankungen den Zugang zu Behandlungen oder das Einholen von Hilfe erschweren.
Folgen psychischer Erkrankungen bei Jugendlichen
Psychische Erkrankungen bei Jugendlichen haben weitreichende und vielschichtige Auswirkungen. Diese reichen von individuellen Folgen über Veränderungen im sozialen Umfeld bis hin zu besonderen gesellschaftlichen Herausforderungen.
Auswirkungen für den Einzelnen
Kurzfristig beeinträchtigen sie oft die akademische Leistung durch mangelnde Konzentration und Motivation. Sie können auch soziale Isolation fördern und die körperliche Gesundheit durch Essstörungen und Schlafprobleme beeinträchtigen. Langfristig können solche Erkrankungen den Übergang ins Berufsleben erschweren, zu chronischen Gesundheitsproblemen führen und das Suizidrisiko erhöhen.
Auswirkungen für das soziale Umfeld und die Gesellschaft
Die psychische Gesundheit eines Jugendlichen kann die gesamte Familie emotional und finanziell belasten. Auch bestehende Freundschaften können durch die Erkrankung beeinträchtigt oder sogar zerstört werden. Ein Anstieg psychischer Erkrankungen bringt nicht nur erhöhte Behandlungskosten mit sich, sondern wirkt sich auch auf den Arbeitsmarkt aus. Langfristige Folgen können eine reduzierte Arbeitsfähigkeit und somit einen Verlust an Arbeitskraft in der Gesellschaft bedeuten.
Psychische Erkrankungen bei Jugendlichen behandeln
Die Eindämmung psychischer Erkrankungen bei Jugendlichen ist eine komplexe Herausforderung, die sowohl eine frühzeitige Erkennung als auch Behandlung mit Konsequenz und Nachhaltigkeit erfordert. Eine effiziente Kombination dieser beiden Ansätze ist entscheidend, um einen spürbaren Einfluss auf die psychische Gesundheit dieser Altersgruppe zu erzielen.
Frühzeitige Erkennung
Das Prinzip "Gefahr erkannt, Gefahr gebannt" gilt auch bei der Eindämmung psychischer Erkrankungen. Durch eine frühzeitige Sensibilisierung und Schulung von Erziehenden, Eltern und Ausbildungsbegleitenden können Anzeichen psychischer Auffälligkeiten oder Erkrankungen frühzeitig erkannt werden. Dies ist besonders wichtig, da Symptome wie starke Angstgefühle oder anhaltende Traurigkeit oft subtil sein können und ohne entsprechende Aufklärung leicht übersehen werden.
Behandlung mit Konsequenz und Nachhaltigkeit
Sobald eine psychische Erkrankung festgestellt ist, sind eine gründliche Diagnose und eine nachhaltige, konsequente Behandlungsstrategie von entscheidender Bedeutung. Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie sind meist die ersten Ansprechpartner. Sie können ein multidisziplinäres Team aus Therapeuten, Pädagogen und medizinischen Fachkräften koordinieren, um eine umfassende Versorgung sicherzustellen. Die Einbeziehung der Familie und des sozialen Umfelds spielt oftmals eine entscheidende Rolle für den Erfolg der Therapie.
Ambulante Behandlungen sind oft möglich und können durch ein Netzwerk aus verschiedenen Fachleuten unterstützt werden. Bei Bedarf stehen auch 160 spezialisierte Kliniken zur Verfügung, die rund um die Uhr bei psychiatrischen Notfällen erreichbar sind. Hier gilt: Je nachhaltiger und konsequenter die Behandlung, desto besser sind die langfristigen Aussichten für den Patienten.
Fazit
Seelische Erkrankungen zählen zu den häufigsten Krankheiten von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Im Herbst 2022 wiesen der renommierten COPSY-Studie zufolge 23 Prozent der Kinder und Jugendlichen psychische Auffälligkeiten auf. Das sind über drei Millionen Betroffene. Die aktuellen Zahlen vom Statistischen Bundesamt unterstreichen die Dringlichkeit des Problems sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft.
Frühzeitige Erkennung und eine Behandlung, die durch Konsequenz und Nachhaltigkeit gekennzeichnet ist, sind Schlüsselelemente zur Eindämmung dieses Problems. Ein multidisziplinärer Ansatz, der Fachärzte, Therapeuten und das soziale Umfeld des Kindes einbezieht, hat sich als besonders effektiv erwiesen.
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