Facharzt-Weiterbildung Neurologie

Die alternde Bevölkerung in Industrieländern bringt einen Anstieg neurologischer Erkrankungen mit sich. Daher wird erwartet, dass die Neurologie in den kommenden Jahren ein starkes Wachstum erleben wird. Dies bietet Assistenzärzten im Fachbereich Neurologie ausgezeichnete Chancen, in der ambulanten und stationären Medizin erfolgreich zu sein.

Illustrativ wird ein Kopf mit Fragezeichen und Chaos dargestellt.

Die Neurologie ist ein medizinisches Fachgebiet, das sich auf die Diagnose, Behandlung und Prävention von Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems spezialisiert hat. Aufgrund des Alltagsstresses und der alternden Bevölkerung gewinnt sie immer mehr an Bedeutung.

Kurzprofil Neurologie

Historisch gesehen war die Neurologie eng mit der Psychiatrie, Neurochirurgie und Geriatrie verknüpft. Dies wird deutlich, wenn man sich die ehemalige Bezeichnung „Nervenarzt“ betrachtet, welche die Verbindung von Neurologie und Psychiatrie ausdrückt. Inzwischen sind diese Fachgebiete jedoch klar voneinander abgegrenzt. Während die Neurologie sich primär auf die Behandlung von Störungen im zentralen und peripheren Nervensystem fokussiert, widmet sich die Psychiatrie der Diagnose und Therapie von seelischen Erkrankungen. 

Ärztestatistik Neurologie

Von den insgesamt 9.190 ärztlich tätigen Neurologen in Deutschland sind 4.457 Frauen, was einem Anteil von rund 48,5% entspricht. Mit diesen Zahlen zählt die Neurologie zu den großen Fachbereichen der Medizin. 

6.034 Neurologen, also etwa 65,7%, sind stationär tätig. Sie arbeiten hauptsächlich in neurologischen Fachabteilungen der Krankenhäuser. Aber auch in Fachkliniken und Rehabilitationszentren mit Schwerpunkten in der Neurologie sind viele Neurologen aktiv. In ambulanten Praxen sind 3.156 Neurologen berufstätig, hauptsächlich in spezialisierten in Praxen und Medizinischen Versorgungszentren (MVZ).

Interessant ist auch, dass im Jahr 2022 insgesamt 640 neue Facharztbezeichnungen im Bereich Neurologie anerkannt wurden. Von diesen waren 386 Frauen, was bedeutet, dass der Frauenanteil bei den neu anerkannten Facharztbezeichnungen über 60% lag.

Struktur und Dauer der Fachweiterbildung

Die ärztliche Fachweiterbildung in der Neurologie ist eine Kombination aus theoretischen und praktischen Weiterbildungsinhalten. Gemäß der Weiterbildungsverordnung der Ärztekammer Nordrhein setzt sich die Weiterbildungszeit wie folgt zusammen:

Gesamtdauer: Die gesamte Weiterbildungszeit beträgt 60 Monate. Diese ist bei einem Weiterbildungsbefugten an einer entsprechend anerkannten Weiterbildungsstätte zu absolvieren.

Kernbereiche der Neurologie: 24 Monate sind speziell der stationären neurologischen Patientenversorgung gewidmet.

Ergänzende Fachbereiche: Hier sind insgesamt 12 Monate vorgesehen, die in den Gebieten Psychiatrie und Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie und/oder Psychosomatische Medizin und Psychotherapie absolviert werden.

Intensivmedizinische Versorgung: 6 Monate fokussieren sich auf die intensivmedizinische Versorgung von neurologischen Patienten.

Zusätzliche Anrechnungsmöglichkeiten: Die Fachweiterbildung kann durch bis zu 12 Monate aus den Gebieten Innere Medizin, Allgemeinmedizin, Anatomie, Neurochirurgie, Neuropathologie, Neuroradiologie und Physiologie ergänzt werden.

Ambulante Versorgung: Es besteht zudem die Möglichkeit, bis zu 24 Monate im ambulanten Bereich abzuleisten bzw. diese Zeit anzurechnen.

Weiterbildungsinhalte Neurologie

Die Weiterbildung zum Facharzt für Neurologie ist umfassend und vielfältig. Sie zielt darauf ab, den angehenden Neurologen ein tiefgreifendes Verständnis für das Fachgebiet zu vermitteln. 

Allgemeine Weiterbildungsinhalte

Während der Weiterbildung erwerben die Assistenzärzte:

  • Kenntnisse in der Vorbeugung, Erkennung, Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation neurologischer Krankheitsbilder und Defektzustände.
  • Fähigkeiten in der neurologisch-psychiatrischen Anamneseerhebung, unter Berücksichtigung biographischer und psychosozialer Zusammenhänge, psychogener Symptome und somatopsychischer Reaktionen.
  • Expertise in der Indikationsstellung und Überwachung von neurologischen, neurorehabilitativen und physikalischen Behandlungsverfahren.
  • Wissen über die Indikationsstellung und Auswertung neuroradiologischer Verfahren.
  • Erfahrung in der interdisziplinären diagnostischen und therapeutischen Zusammenarbeit, insbesondere mit Berufsgruppen wie Krankengymnastik, Logopädie, Neuropsychologie und Ergotherapie.
  • Kenntnisse über soziotherapeutische Maßnahmen und gebietsbezogene Arzneimitteltherapie.
  • Und viele weitere spezifische Kompetenzen, von den Grundlagen hereditärer Krankheitsbilder bis hin zur intensivmedizinischen Basisversorgung.

Definierte Untersuchungs- und Behandlungsverfahren

Um die Diagnostik und Therapie neurologischer Erkrankungen optimal durchführen zu können, werden den Assistenzärzten auch spezielle Untersuchungs- und Behandlungsverfahren vermittelt:

  • Methoden wie Elektroenzephalographie, Elektromyographie und Elektroneurographie.
  • Funktionsanalysen bei peripheren und zentralen Bewegungsstörungen.
  • Neuro-otologische Untersuchungen, wie experimentelle Nystagmusprovokation und zentrale Tests.
  • Verhaltensneurologische und neuropsychologische Testverfahren.
  • Sonographische Untersuchungen des Nervensystems und Muskulatur sowie Doppler-/Duplex-Untersuchungen hirnversorgender Gefäße.
  • Und zahlreiche weitere spezifische Techniken und Methoden, die für eine ganzheitliche Patientenversorgung im Fachgebiet Neurologie essentiell sind.

Was macht die Neurologie so attraktiv?

Die Neurologie, als spezialisiertes Gebiet der Medizin, erfährt in der modernen Medizinwelt wachsende Anerkennung und Relevanz. Dieser Trend lässt sich auf mehrere Schlüsselfaktoren zurückführen:

Steigende Prävalenz neurodegenerativer Erkrankungen: Eine alternde Bevölkerung bringt die Herausforderung neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson mit sich. Mit dem Anstieg dieser Erkrankungen wächst auch das Bedürfnis nach Fachleuten, die sich mit diesen komplexen Zuständen befassen.

Zunehmende Schlaganfallpatienten: Mit steigenden Fällen von Schlaganfällen, oft getrieben durch Lebensstilfaktoren, steht die Neurologie an vorderster Front, um Diagnosen zu stellen, zu behandeln und präventive Maßnahmen zu empfehlen.

Vertiefte Kenntnisse über Kopfschmerzen: Das wachsende Verständnis und die Anerkennung von Migräne und anderen Kopfschmerzarten führen zu einer stärkeren Fokussierung auf spezialisierte neurologische Betreuung.

Erweiterte Diagnostik bei Multipler Sklerose: Die scheinbare Zunahme von MS-Diagnosen unterstreicht die Notwendigkeit einer gründlichen und spezialisierten Betreuung.

Fortgeschrittene Diagnosetechniken: Die Technologie im Bereich der Neurologie hat sich erheblich weiterentwickelt, wodurch Erkrankungen früher und genauer erkannt werden können.

Bedeutung der psychischen Gesundheit: Die Überschneidung von neurologischen und psychischen Gesundheitszuständen betont die Rolle der Neurologen nicht nur in der physischen, sondern auch in der emotionalen und mentalen Gesundheitsversorgung.

Die Trends und Herausforderungen der modernen Gesellschaft signalisieren eindeutig, dass der Bereich der Neurologie in den kommenden Jahren weiterhin ein starkes Wachstum erleben wird. Dies bietet Assistenzärzten in der Neurologie eine herausragende Gelegenheit, sowohl in der ambulanten als auch in der stationären Medizin erfolgreich zu sein und ihre Fachkenntnisse in einem Gebiet anzuwenden, das immer relevanter wird.


Letzte Aktualisierung
12.08.2023
Autor/Autorin
valmedi Redaktion
Bildnachweis
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