Impfskepsis
Impfen ist von entscheidender Bedeutung, um Krankheiten zu verhindern, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und zur Eindämmung von Ausbrüchen beizutragen.
Impfen hat sich nicht erst während der Corona-Pandemie zu einer hitzigen Debatte entwickelt. Das Thema ist stark politisiert und stellt für viele Menschen einen nicht akzeptablen Eingriff in die persönliche Entscheidungsfreiheit dar. Die Impfskepsis ist weit verbreitet und hat durch die Entwicklungen in der Corona-Pandemie einen neuen Schub erhalten.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Impfmüdigkeit sogar als eine Gefahr für die globale Gesundheit eingestuft. Doch welche Gründe führen dazu, dass bspw. auch viele junge Eltern sich gegen das Impfen ihrer Kinder entscheiden?
Vertrauensverlust durch Corona
Die plötzliche Einführung der Corona-Impfpflicht trotz vorheriger Ablehnung seitens der Politik hat bei vielen Menschen Verunsicherung ausgelöst und das Vertrauen erschüttert. Und Vertrauen in institutionelle und politische Entscheidungsträger ist in Sachen Impfung die entscheidende Grundlage.
Das Hin und Her in der Corona-Politik hat die Impfskepsis befördert. Die Impfkampagne war zunächst begleitet von der Überzeugung, dass sich die Menschen, angesichts der Covid-Gefahren, schon impfen lassen werden. Impfen ist und bleibt primär immer eine individuelle Entscheidung und das wird auch so bleiben, war der einheitliche politische Tenor.
Dass die politische Erwartung hoher Impfquoten nicht eintreten wird, war durch das Gerangel um die anfangs raren Impfstoffe und Impftermine erst spät zu erkennen.
Die Politik steuerte quasi über Nacht um - und zwar quer durch alle Parteien. Von der freien Entscheidung wurde zur Impfpflicht gewechselt.
Auch 2 Jahre nach dem Corona-Peak traut sich kaum jemand, dieses Hin und Her beim Thema Corona und Impfung kritisch zu durchleuchten und aufzuarbeiten. Es wurde praktisch zu den Akten gelegt oder wurde von anderen Krisen und politischen Entwicklungen verdrängt.
Gerade in der Pflege hat die einrichtungs- und berufsbezogene Impfung starke Nachwirkungen. Sowieso durch die Corona-Krise stark belastet wurden Pflegekräfte in eine politische Diskussion verwickelt, die überzeugte Impfgegner aber auch Impfbefürworter als anmaßend empfanden. Es folgten hitzige Diskussionen in vielen Pflegeteams, was die sowieso angespannte Personalsituation weiter belastet und zusätzlichen Arbeitsstress verursacht hat.
Es wäre aber dringend erforderlich, eine transparente und umfassende Nachschau einzuleiten. Denn wir können uns eine große Impfskepsis nicht leisten. Nicht aus Sicht von alten und neuen Kinderkrankheiten, und auch nicht vor dem Hintergrund möglicher neuer Pandemien und Krankheitswellen.
Impfskepsis bei Kinderkrankheiten
In den Kreisen dogmatischer Impfskeptiker werden "typische" Kinderkrankheiten wie Masern, Mumps und Röteln oft verharmlost. Es wird argumentiert, dass diese Krankheiten förderlich für die Entwicklung der Kinder seien, und dies daher Kinder langfristig beeinträchtigt.
Die Tatsache, dass Komplikationen wie Lungenentzündungen, Mittelohrentzündungen und sogar Gehirnentzündungen häufig mit Masernerkrankungen einhergehen und dass 20% derjenigen, die an einer Hirnhautentzündung im Zuge der Masern erkranken, sterben oder schwere bleibende Schäden erleiden, wird von Impfgegnern bagatellisiert und sogar bestritten.
Die Einführung der Schutzimpfung gegen eine bestimmte Form der Hirnhautentzündung führte in den USA dazu, dass die Zahl der Fälle von 20.000 auf 165 pro Jahr zurückging. In Deutschland wurde ein Rückgang um 65% beobachtet. Trotz dieser Erfolge nehmen Impfskeptiker lieber die schwerwiegenden Komplikationen in Kauf, anstatt sich und ihre Kinder sicher und effektiv zu schützen.
Neben Masern werden auch Kinderkrankheiten wie Röteln und Mumps verharmlost. Durch den fehlenden Impfschutz gegen Röteln in der Schwangerschaft werden deutschlandweit jedes Jahr etwa 50 Kinder mit schweren Schäden geboren. Bei Mumps kann es bei jungen Männern zu Hodenentzündungen kommen, die in besonders tragischen Fällen zu Unfruchtbarkeit führen können.
Halbwissen ist gefährlich
Im Laufe der Impfhistorie sind Impfstoffe zunehmend sicherer und besser verträglich geworden. Seit der Einführung der ersten Impfung gegen Pocken im Jahr 1796 halten sich jedoch hartnäckig Sorgen und gefährliches Halbwissen. Damals gab es die Befürchtung, dass die Impfung einen in eine Kuh verwandeln könnte (da der Impfstoff aus Kuhpockenerregern gewonnen wurde). Heute dominieren die Angst vor Impfschäden durch Folge- und Nebenwirkungen.
Seit Bayern im Jahr 1807 die erste Impfpflicht einführte, bemüht sich der Staat durch Sanktionen und Aufklärung, die erforderlichen Impfquoten aufrechtzuerhalten.
Seit dem 1. März 2020 besteht eine Masernimpfpflicht für Kinder, die Gemeinschaftseinrichtungen besuchen, sowie für das Personal in diesen Einrichtungen und medizinischen Einrichtungen. Nichtgeimpfte Kinder werden vom Kindergartenbesuch ausgeschlossen und Verstöße gegen die Impfpflicht können mit einem Bußgeld von 2.500€ geahndet werden.
Trotzdem gibt es Impfgegner, die ihre Kinder lieber zu Hause lassen oder sogar auswandern, um die Impfpflicht zu umgehen.
Eine aufklärende Kommunikation auf Augenhöhe ist und bleibt entscheidend, um Impfskeptiker zu überzeugen und die Gesundheit der eigenen Kinder aber auch die Gesellschaft Pandemien zu schützen.
Impfstoffe helfen - haben aber Nebenwirkungen
Aber eine absolute Sicherheit gibt es nicht. Impfen basiert auf der Grundüberzeugung, dass die gesundheitlichen Vorteile die möglichen Nachteile bei weitem überwiegen. Dieser Grundsatz wird von unabhängigen Institutionen überwacht. Impfstoffe werden erst nach langen und komplexen Testreihen zugelassen.
Zudem werden auch während der Impfkampagnen Wirkung und Nebenwirkung von Impfstoffen kontrolliert. Wir können uns daher auf die Entscheidungen von Institutionen wie dem Robert-Koch-Institut (RKI), dem Paul-Ehrlich-Institut und auch europäischen Gesundheitsorganisationen verlassen.
Aber auch hier wurde während der Corona-Pandemie jedoch, vor allem in der Außendarstellung, Porzellan in Sachen Vertrauen zerschlagen. Das RKI wurde in der Corona-Krise stark in die politische Diskussion hineingezogen. Das permanent gemeinsame Auftreten von Politik und RKI hatte zwar das Ziel Vertrauen in die Entscheidungen zu fördern, letztlich wurde aber das Gegenteil bewirkt. Es entstand bei vielen Menschen der Eindruck, dass die Unabhängigkeit der Institution RKI nicht mehr gegeben ist.
Impfen sollte individuelle Entscheidung bleiben
Impfen sollte grundsätzlich eine individuelle Entscheidung sein. Die Einführung einer Impfpflicht ist nur gerechtfertigt, wenn der medizinische Nutzen für den Einzelnen und die Gesellschaft bei weitem größer ist als mögliche Risiken.
Die Bewertung dieses Sachverhalts muss politisch unabhängigen Institutionen vorbehalten sein. Diese Unabhängigkeit ist ein hohes Gut. Je unabhängiger diese Institutionen wahrgenommen werden, je größer wird das Vertrauen sein. Das ist der einzige Weg die bestehende Impfskepsis zu verringern.
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