Häusliche Pflege hat Vorrang

Die häusliche Pflege hat Vorrang, wenn es um die Versorgung pflegebedürftiger Personen geht. Das ist politisch gewollt und auch sozial gewünscht.

Eine Frau schiebt einen Rollstuhl.

Die Pflegevorausberechnung basiert auf Ergebnissen der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung und der Pflegestatistik und präsentiert mehrere Szenarien für die zukünftige Entwicklung der Zahl der pflegebedürftigen Menschen gemäß dem Pflegeversicherungsgesetz. 

Dabei werden zwei Annahmen zu den Pflegequoten, also dem Anteil der Pflegebedürftigen in bestimmten Altersgruppen und Geschlechtern, berücksichtigt.

  • Unter der ersten Annahme, die von einer moderaten demografischen Entwicklung und konstanten Pflegequoten ausgeht, könnte die Zahl der Pflegebedürftigen von 5,0 Millionen Ende 2021 bis Ende 2035 auf 5,6 Millionen ansteigen und schließlich im Jahr 2070 bei 6,9 Millionen liegen.
  • Unter der zweiten Annahme, die eine Zunahme der Pflegequoten aufgrund der weiteren Definition des Pflegebedürftigkeitsbegriffs bis 2027 berücksichtigt, würden rund 6,3 Millionen Pflegebedürftige im Jahr 2035 und rund 7,6 Millionen im Jahr 2055 erwartet.

Es ist wichtig zu beachten, dass dies Prognosen sind und von verschiedenen Faktoren abhängen, darunter dem demografischen Wandel und möglichen Veränderungen in den Pflegequoten.

Pflegende Angehörige größter Pflegedienst

Ende 2021 gab es in Deutschland mehr als 4,96 Millionen pflegebedürftige Menschen, von denen über ein Sechstel in vollstationären Pflegeheimen versorgt wurde. Nur etwa ein Sechstel (rund 850.000 ) der fast 5 Millionen Pflegebedürftigen werden stationär gepflegt. 

Damit sind die pflegenden Angehörigen, in Verbindung mit ambulanter Unterstützung durch externe Dienstleister, der bei weitem größte Pflegedienst. Sie versorgen über 4 Millionen Pflegebedürftige. Ohne das Engagement und die Tätigkeit der Familien, Freunde und auch der externen Pflegehelfer und Pflegehelferinnen wäre die Pflege von älteren Menschen und auch von Menschen mit psychischen und/oder physischen Einschränkungen weder finanzierbar noch zu bewältigen.

Der Großteil der Pflegebedürftigen ist über 60 Jahre alt. Die Pflegequote steigt von knapp 17 Prozent in der Altersgruppe der über 75-Jährigen auf über 81 Prozent bei den über 90-Jährigen. Parallel zur demografischen Entwicklung wurde die Pflegeinfrastruktur vor allem im privaten Sektor kontinuierlich ausgebaut.  Seit der Jahrtausendwende ist die Anzahl der Pflegeheime in Deutschland um mehr als 75 Prozent auf 16.115 gestiegen, während sich die Zahl der ambulanten Pflegedienste im gleichen Zeitraum von etwa 10.500 auf 15.300 erhöht hat. Insgesamt sind in Deutschland über 1,2 Millionen Menschen im Bereich der Altenpflege tätig.

Vorteile der häuslichen Pflege

Es ist wichtig zu verstehen, dass die häusliche Pflege nicht für jeden geeignet ist. Jeder Fall muss individuell bewertet werden, um die bestmögliche Pflegeoption zu finden. 

In vielen Fällen ist eine teilstationäre oder sogar stationäre Versorgung unverzichtbar. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn pflegende Angehörige überfordert sind und über ihre Kompetenzen hinausgehen, da sie aus einem falsch verstandenen Fürsorgeverhalten handeln. In solchen Situationen leidet sowohl die Qualität der Versorgung als auch die Lebensqualität der pflegenden Angehörigen. Daher ist es wichtig, die individuellen Bedürfnisse und Ressourcen aller Beteiligten zu berücksichtigen und die passende Pflegeform sorgfältig auszuwählen.

Die häusliche Pflege hat Vorrang und wird sowohl politisch als auch sozial bevorzugt, da sie eine Reihe von Vorteilen sowohl für die pflegebedürftige Person als auch für ihre Angehörigen bietet.

Vorteile der häuslichen Pflege:

  • Durch die Pflege zu Hause kann die pflegebedürftige Person in ihrer vertrauten Umgebung bleiben, was ein Gefühl von Sicherheit, Komfort und Geborgenheit vermittelt. Das vertraute Umfeld wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden und die Lebensqualität aus.
  • In der häuslichen Pflege wird die Betreuung individuell auf die Bedürfnisse der pflegebedürftigen Person abgestimmt. Es besteht die Möglichkeit, eine bessere persönliche Beziehung und Vertrautheit zwischen Pflegekraft und Patient aufzubauen.
  • In der häuslichen Pflege kann eine kontinuierliche Betreuung gewährleistet werden. Dies kann zu einer besseren Kontinuität und Stabilität bei der Pflege beitragen.
  • Die häusliche Pflege ermöglicht es der pflegebedürftigen Person, so lange wie möglich ihre Selbstständigkeit zu bewahren. Durch maßgeschneiderte Unterstützung und Hilfe im Alltag können sie weiterhin an ihren gewohnten Aktivitäten teilnehmen und ihre Fähigkeiten so weit wie möglich erhalten.
  • Die häusliche Pflege bietet Flexibilität bei der Gestaltung des Pflegeplans. Die Pflege kann an die individuellen Bedürfnisse und den Tagesablauf angepasst werden. Es besteht die Möglichkeit, auf persönliche Vorlieben und Routinen einzugehen.
  • In der häuslichen Pflege werden in der Regel auch die Angehörigen in den Pflegeprozess einbezogen. Sie können aktiv bei der Pflege und Betreuung mithelfen und ihre Unterstützung anbieten. Dies kann zu einer Stärkung der familiären Bindungen und zur Entlastung der pflegebedürftigen Person führen.

Externe Hilfe bei häuslicher Pflege

In der häuslichen Pflege können verschiedene externe Dienstleistungen in Anspruch genommen werden, um die Versorgung und Betreuung der pflegebedürftigen Person und der pflegenden Angehörigen zu unterstützen. 

Diese Dienstleistungen sollten individuell kombiniert und auf die Bedürfnisse der pflegebedürftigen Person abgestimmt sein. Sie bieten Unterstützung und Entlastung für pflegende Angehörige, während die pflegebedürftige Person in ihrem gewohnten Umfeld bleiben kann. 

Dienstleistungen in der häuslichen Pflege:

  • Ambulante Pflegedienste
  • Hauswirtschaftliche Versorgung
  • Betreuungsdienste
  • Essen auf Rädern
  • Fahrdienste
  • Hausnotrufsysteme
  • Physiotherapie und Ergotherapie

Finanzierung der häuslichen Pflege

Die finanzielle Unterstützung und die Voraussetzungen für die Finanzierung der häuslichen Pflege können von Bundesland zu Bundesland variieren. Es ist ratsam, sich bei den zuständigen Behörden, Pflegekassen oder Pflegeberatungsstellen nach den spezifischen Finanzierungsmöglichkeiten und -voraussetzungen in der jeweiligen Region zu erkundigen.

Diese Beratungsstellen können detaillierte Informationen über Leistungen der Pflegeversicherung, eventuelle Zusatzleistungen, individuelle Eigenanteile und weitere Finanzierungsmöglichkeiten geben, die für die häusliche Pflege in Ihrem spezifischen Fall relevant sind.

  • Die Pflegeversicherung übernimmt einen Teil der Kosten für häusliche Pflegeleistungen. Die Höhe der finanziellen Leistungen hängt vom individuellen Pflegegrad ab. Die Pflegeversicherung erstattet entweder Pflegegeld, das an pflegende Angehörige gezahlt wird, oder Pflegesachleistungen, bei denen professionelle Pflegekräfte oder Pflegedienste die Leistungen erbringen.
  • Wenn die finanziellen Ressourcen der pflegebedürftigen Person nicht ausreichen, um die Kosten für die häusliche Pflege zu decken, kann Sozialhilfe beantragt werden. Der zuständige Sozialhilfeträger prüft die individuelle finanzielle Situation und kann unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für die häusliche Pflege übernehmen.
  • In einigen Fällen können pflegebedürftige Personen oder ihre Angehörigen die Kosten für die häusliche Pflege aus eigenen finanziellen Mitteln tragen. Dazu gehören beispielsweise Ersparnisse, Renteneinkommen oder andere Einnahmequellen.

Beratungsstellen bei häuslicher Pflege

Wer Leistungen aus der Pflegeversicherung bezieht, hat einen gesetzlichen Anspruch auf Pflegeberatung. Dieser Anspruch besteht auch für Versicherte, die noch keine Leistungen erhalten, jedoch bereits einen Bedarf an Hilfe und Beratung haben, beispielsweise bei der Beantragung einer Begutachtung. Die Pflegeversicherung benennt Anlaufstellen und zuständige Beraterinnen und Berater für die Pflegeberatung. Darüber hinaus haben pflegende Angehörige oder ehrenamtliche Helfende ebenfalls einen eigenständigen Anspruch auf Pflegeberatung, sofern die pflegebedürftige Person dem zustimmt.

Die Teilnahme an einer Pflegeberatung ist zwar freiwillig, aber empfehlenswert. Die Fachkräfte in den Beratungsstellen verfügen über spezielle Qualifikationen und umfangreiches Wissen zum Thema Pflege. Sie können insbesondere bei Fragen zum Sozial- und Sozialversicherungsrecht weiterhelfen, bei denen Laien oft unsicher sind.

Es gibt sogar digitale Pflegeberater die für pflegende Angehörige, ehrenamtliche Pflegende und Pflegebedürftige entwickelt wurden. Ausgestattet mit einer umfangreichen Wissensdatenbank, beantwortet er Ihre Fragen zur Pflege. Aktuell handelt es sich um ein kostenfreies Beratungsangebot.

Beratungsinhalte

  • Leistungsansprüche der Pflegeversicherung
  • Informationen für neue Pflegesituationen
  • Entlastungsleistungen für pflegende Angehörige
  • Hilfe bei der Organisation der Pflege
  • Weiterleitung zu qualifizierten Hilfsangeboten

Qualitätssicherung bei ambulanten Pflegediensten

Die Pflegeversicherung und auch andere staatliche Institutionen führen regelmäßige Qualitätsprüfungen bei ambulanten Pflegediensten durch. Dabei werden bestimmte Qualitätsstandards überprüft, um sicherzustellen, dass die Pflegeleistungen den Anforderungen entsprechen.

  • Pflegedienste haben die Möglichkeit, sich freiwillig zertifizieren zu lassen oder bestimmte Gütesiegel zu erwerben. Diese Zertifikate und Siegel dienen als Nachweis für eine hohe Qualität und werden von unabhängigen Prüfstellen oder Verbänden vergeben.
  • Es existieren branchenspezifische Qualitätsrichtlinien, die von den Pflegeverbänden oder Fachgesellschaften entwickelt wurden. Diese Richtlinien legen Standards und Empfehlungen fest, um eine gute Pflegequalität sicherzustellen.
  • Pflegekräfte in der häuslichen Pflege erhalten regelmäßige Schulungen und Fortbildungen, um ihre Fachkenntnisse zu erweitern und auf dem neuesten Stand zu bleiben. Dadurch wird gewährleistet, dass sie qualitativ hochwertige Pflegeleistungen erbringen können.
  • Es ist wichtig, dass pflegebedürftige Personen und ihre Angehörigen eine Möglichkeit haben, Beschwerden und Anliegen bezüglich der Qualität der häuslichen Pflege zu äußern. Pflegedienste sollten ein transparentes Beschwerdemanagement etablieren, um auf Feedback einzugehen und gegebenenfalls Verbesserungen vorzunehmen.
  • Pflegedienste arbeiten kontinuierlich an der Verbesserung ihrer Pflegequalität. Dies umfasst interne Qualitätskontrollen, das Einholen von Feedback von Kunden und Angehörigen sowie die Implementierung von Qualitätsmaßnahmen basierend auf aktuellen Erkenntnissen und Best Practices.

Wenn häusliche Pflege Angehörige überfordert

Wenn pflegende Angehörige mit der häuslichen Pflege überfordert sind, kann dies verschiedene Gründe haben. 

Die häusliche Pflege kann physisch, emotional und zeitlich sehr anspruchsvoll sein, insbesondere wenn die Pflegeperson rund um die Uhr verfügbar sein muss. Dies kann zu körperlicher Erschöpfung, emotionaler Belastung, sozialer Isolation und einem Gefühl der Überforderung führen.

Um mit dieser Herausforderung umzugehen, gibt es verschiedene Maßnahmen und Unterstützungsmöglichkeiten:

  • Kostenlose Pflegeberatung: Pflegende Angehörige können professionelle Beratung in Anspruch nehmen, um Informationen, Ratschläge und individuelle Lösungen für die Organisation der Pflege zu erhalten.
  • Teilstationäre Pflegeangebote: Die Nutzung von Tages- oder Nachtpflegeeinrichtungen ermöglicht es den Angehörigen, Pausen einzulegen, während die pflegebedürftige Person von professionellen Pflegekräften betreut wird.
  • Verhinderungspflege: Pflegende Angehörige können Auszeiten nehmen, indem sie Verhinderungspflege beantragen, bei der eine Ersatzpflegekraft die Pflegeaufgaben übernimmt.
  • Kurzzeitpflege: Bei akuter Überlastung oder vorübergehendem Bedarf an Entlastung kann eine Kurzzeitpflege in Betracht gezogen werden, bei der die pflegebedürftige Person vorübergehend in einer stationären Einrichtung betreut wird.
  • Unterstützung im Alltag: Es stehen verschiedene Unterstützungsangebote wie Haushaltshilfen, Einkaufsdienste oder Mahlzeitendienste zur Verfügung, um pflegende Angehörige im Alltag zu entlasten.
  • Austausch und Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen pflegenden Angehörigen in Selbsthilfegruppen oder Online-Foren bietet Unterstützung, Erfahrungsaustausch und emotionale Entlastung.
  • Professionelle Pflegedienste: Die Inanspruchnahme von professionellen Pflegediensten kann pflegende Angehörige entlasten, indem sie pflegerische Aufgaben oder umfassende Pflegeleistungen übernehmen.

Letzte Aktualisierung
24.06.2023
Autor/Autorin
valmedi Redaktion
Bildnachweis
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